1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Samstag, 12. Januar 2002

Zusammenstellung: Sigrid Klinge12. Januar 2002

Kanzlerkandidatur/Kaschmir-Konflikt

https://p.dw.com/p/1h9I

Die Entscheidung über die Kanzelkandidatur der Union ist das herausragende Thema der Kommentatoren deutscher Tageszeitungen an diesem Samstag:


Der BERLINER KURIER schreibt:

'Das Rennen ist vorbei. Angela Merkel hat gekämpft - und verloren.
Sie wird nicht die Kanzlerkandidatin der Union und somit auch nicht die erste mögliche Kanzlerin der Bundesrepublik. Angela Merkel, das 'Mädchen' (Helmut Kohl) hatte von Anfang an keine Chance. Sie war den Herren aus der Union gerade gut genug, um nach der Ära von Helmut Kohl die Wunden zu heilen. Wirklich gewollt haben sie die Frau aus dem Osten nie. Angela Merkel hatte es nicht vermocht, die ganze CDU von sich zu überzeugen. Politik ist eben keine Naturwissenschaft. (...) Politik verlangt Streicheleinheiten,
Hinwendungen, Machtworte und manchmal einen kleinen oder größeren Trick.'

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München unterstreicht:

'Stoiber war keineswegs der entschiedene Herausforderer - weder von Angela Merkel noch von Gerhard Schröder. Weil sich die größte Aufmerksamkeit aber auf Merkels Monate währenden Eiertanz richtete, blieb die Kritik an Stoibers Unentschlossenheit sehr gedämpft. In diesem Sinne hat Merkel dem Bayern die Kandidatur in den Schoß geworfen. Für Stoiber gilt hier das Erste Schrödersche Gesetz: "Was
klappt, erklären wir hinterher zur Strategie." Der Gerechtigkeit halber muss allerdings auch gesagt werden, dass - anders als im Falle Merkel - kaum jemand Zweifel an Stoibers grundsätzlicher Eignung zum Kanzlerkandidaten hegt.'


Das NEUE DEUTSCHLAND in Berlin betont:

'Merkel konnte ihren Gefährten immer weniger klar machen, warum sie größere Chancen gegen den amtierenden Kanzler haben sollte als Stoiber. Inhaltlich hatte sie sich immer mehr dem von der CSU vorgegebenen Kurs angepasst und nicht zu erkennen gegeben, dass sie für echte Erneuerung - auch in Abgrenzung von Helmut Kohl - steht.
Einstige Anhänger, die gerade darauf gehofft hatten, wandten sich enttäuscht ab. Sie entschieden sich für jenen Zug, der ihnen am ehesten die Ankunft in der Hauptstadt in Aussicht stellt.'


Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meint zum Kanzlerkandidaten Stoiber:

'Mit den Pfunden wirtschaftlicher Kompetenz, innerer Sicherheit und nationaler Leitkultur wird Stoiber einen polarisierenden Wahlkampf betreiben. Für das Land kann dies positiv sein. Es wird den Alle-Umarmer Gerhard Schröder dazu zwingen, Farbe zu bekennen. Der Kanzler und seine Koalition werden zu erklären haben, wofür Rot und Grün über
den Machterhalt hinaus inhaltlich stehe. Er wird klären müssen, wer seine Neue Mitte wirklich ist und ob er sie mit seiner Mischung aus grundsätzlichen Reformen und etatistischen Fortschreibungen über den Wahltag hinaus an sich binden kann.'

Der Bremer WESER-KURIER dazu:

'Anders als sein Ziehvater Franz Josef Strauß, der sich vor 22
Jahren der größeren Unionsschwester als Kandidat aufzwang, kann Stoiber auf eine sehr breite Unterstützung in der CDU zählen. In der CSU ist er sowieso unumstritten. Allerdings hat der 60-Jährige nur diese eine Chance. Die erst 47 Jahre alte Merkel hingegen könnte eine zweite bekommen. Gelingt es ihr, in diesem Wahlkampf Statur zu gewinnen, ist sie nach der Schlacht die geborene Oppositionsführerin im Bundestag. Als Fraktionschefin könnte sie ihre Position festigen.'

Die SCHWÄBISCHE ZEITUNG kommentiert:

'Angela Merkels Chance liegt nun darin, dass auch ein Edmund Stoiber nicht alleine siegen kann. Um den rot-grünen Kanzler zu überwinden, braucht er nicht nur sein treues Gefolge, sondern auch die bundesweit überall außer im weiß-blauen Gelände vertretenen Christlichen Demokraten. Was immer man von Stoiber hoffen oder fürchten mag, er wird keinesfalls reine CSU-Politik auf den Bund übertragen können. So sieht sein Preis aus, den er der Idee der Union zu zahlen haben wird.'

Zum Schluss ein Blick ins Ausland:

Die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN widmen sich dem Kaschmir-Konflikt:

'Auffälligerweise nehmen die Töne aus Neu Delhi in jenem Ausmaß an Schärfe zu, in dem das amerikanische Abrücken vom einst wichtigsten regionalen Bündnispartner im Kampf gegen die Taliban offenbar wird.
US-Präsident Bush macht mit seinem Schwenk auf die indische Position im Kaschmir-Konflikt zum ersten Mal seit dem 7. Oktober mit seinem Credo Ernst: "Wir passen unsere Koalition den Zielen an, nicht unsere Ziele der Koalition." Tatsächlich sind mit der Eskalation im Kaschmir neue Fronten entstanden. (...) Und Indien hat schnell gelernt, aus der entstandenen Unentbehrlichkeit politisches Kapital zu schlagen. Möglicherweise ist die atomare Drohung im Streit um Kaschmir eher als ein Weichklopfer denn reale Option gedacht. Gefährlich bleibt sie allemal.'