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Pressestimmen von Samstag, 14. Juli 2007

13. Juli 2007

Börsenboom / Atomkraft

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Positive Vorgaben aus den USA und Japan haben den deutschen Aktienindex DAX auf ein neues historisches Hoch getrieben. Daran kommen auch die Kommentatoren der Zeitungen nicht vorbei. Ein weiteres Thema ist die Pannenserie in deutschen Atomkraftwerken.

Zum Börsenboom schreibt das BADISCHE TAGBLATT aus Baden-Baden:

"Achterbahnfahrt an den Börsen: Die Stimmung der Aktienhändler wechselt derzeit so schnell zwischen Zuversicht und Pessimismus, dass die Kursentwicklung in einer extremen Zick-Zack-Kurve verläuft. Von einer einheitlichen Entwicklung der Börsenbarometer kann kaum die Rede sein. Und ausgerechnet gestern an einem Freitag, den 13. knackte der Deutsche Aktienindex DAX trotz allem endgültig den Allzeit- Höchstwert vom März des Jahres 2000. (...) Der Grund: Hervorragende US-Konsumdaten machen dem Dow Jones kräftig Beine, und im Gefolge überspringt auch der deutsche Leitindex seine historische Rekordmarke."

Im WESTFÄLISCHEN ANZEIGER aus Hamm lesen wir:

"Bergsteiger wissen, was sich Aktienanleger in diesen Tagen in Erinnerung rufen sollten: Hinter einem Gipfel geht es in den seltensten Fällen gleich weiter bergauf. Dass Vorsicht geraten ist, liegt an den Rahmendaten. Die Zinswende ist bereits vollzogen, zum Jahresende wird die EZB die Schraube weiter anziehen. Der Euro steigt, was einer so exportabhängigen Wirtschaft wie der deutschen auf Dauer Probleme bereiten wird. Auch die Öl und Energiepreise werden derzeit noch ignoriert. Dabei hat jeder dieser drei Faktoren in der Vergangenheit schon als Begründung für eine Baisse herhalten müssen. In dünner Gipfelluft sollten Anleger auf den Sauerstoffgehalt achten."

Die Mainzer ALLGEMEINE ZEITUNG konstatiert:

"Eine anhaltend hohe Stabilität des Dax weit über der Marke von 8000 Punkten spiegelt den breiten und, was noch wichtiger ist, den soliden Aufschwung wieder, den Deutschland erlebt. Beste Unternehmensdaten führen zu hoher Nachfrage. Was aber ist anders als im März 2000? Seinerzeit wurde man extrem euphorisch auf Grund ziemlich kühner Umsatzerwartungen der IT-Branche. Heute erzielt die gesamte Wirtschaft die Spitzenumsätze und Erträge wirklich, die Kurse folgen also einer nachprüfbaren Entwicklung."

Abschließend noch ein Blick in den Bonner GENERAL-ANZEIGER:

"Deutschland ist auf einmal nicht nur Konjunkturlokomotive, es ist Motor für die weltweit steigenden Aktienkurse. Der Dax-Rekord ist auch ein Gütesiegel für den Wirtschaftsstandort Deutschland, für die Unternehmen, für Manager und Mitarbeiter. Die Perspektiven bleiben trotz steigender Zinsen gut: 9 000 oder gar 10 000 Punkte im Dax sind nicht unrealistisch. Vor allem auch weil Börsianer und Anleger das Geschehen nicht mit Euphorie, sondern mit einer gesunden Portion Skepsis betrachten. Das ist eine solide Basis für eine gedeihliche Kursentwicklung. Klar freilich ist auch: Aktien sind Risikopapiere. Rekorde gehören dazu. Rückschläge aber auch."


Themenwechsel und damit zur Debatte über die Atomenergie:

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt:

"Das Atomkraftwerk Krümmel befindet sich derzeit im besten aller möglichen Zustände: Es ist abgeschaltet. Noch schöner wäre es, wenn es dabei für immer bliebe. Wer erfassen will, wie sich die Betreiber einer der gefährlichsten Technologien verhalten, der sollte sich an Erfahrungen mit fragwürdigen Autoschraubern im Hinterhof oder unzuverlässigen Hobby-Klempnern erinnern. Wenn dieser Vergleich jemanden beleidigt, dann die Schrauber und Klempner. Hier ein Brand und da ein Leck, zwischendurch ein paar falsche Dübel, und einen Zeugen muss die Polizei per Razzia suchen, weil Vattenfall ihn nicht freiwillig herausrückt. ... Gegen die tricksenden Stromer hilft nur der Ausstieg."

Im BERLINER KURIER heißt es:

"Zeitweise schien es, als hätte die Atomkraft einen Verbündeten bekommen: die Umwelt. Weil das Klima unter dem Menschen leidet, machte man sich auf die Suche nach dem kleineren Übel. Plötzlich waren die AKW wieder hoffähig. Wie trügerisch das Bild doch ist! Störfälle holen uns unsanft in die Wirklichkeit zurück, erinnern daran, warum so viel mit dem Ruf ‚Atomkraft, nein danke!' durchs Land zogen. AKW sind eine latente Gefahr. Sie werden von Menschen bedient, und Menschen machen Fehler. Der laxe Umgang mit der Kernkraft ist einer, der mit Millionen Leben spielt."

Der FRÄNKISCHE TAG stellt fest:

"Vattenfall ist nicht die deutsche Energiewirtschaft, und Krümmel ist nicht der Maßstab für deutsche Atomkraftwerke. Gerade deshalb müsste die Atomwirtschaft eigentlich auf die drakonische Ahndung der Vattenfall-Verfehlungen hoffen. Der Entzug der Betriebsgenehmigung für Vattenfall wäre ein richtiger, weil zutiefst vertrauensbildender Schritt."

Die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel meint:

"Still liegt das Kernkraftwerk - doch die Wellen der Empörung schlagen hoch. Wegen einer offenbar kleineren Panne musste Krümmel vor zwei Wochen vom Netz, aber die Informationspolitik des Betreibers Vattenfall hat sich zu einem Info-GAU entwickelt, dem größten anzunehmenden Unfall einer Pressepolitik, die bewusster Desinformation gleicht. Verschweigen und vertuschen - so schafft man kein Vertrauen in der kritischen Öffentlichkeit. Im Gegenteil: So liefert man Kernkraftgegnern Argumente frei Haus."

Und die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg schreibt:

"Vattenfall verhielt sich, als hätte der Konzern nicht die längste Pannen-Bilanz, als stünde er als Betreiber von Atomanlagen nicht schon an der Grenze der Genehmigungsfähigkeit. Was 2006 im schwedischen Forsmark ablief, wo Notaggregate zur Kühlung nicht ansprangen, war sicherheitstechnisch ein Skandal. Sollen wir erst auf den Vattenknall warten, bevor die Aufsicht reagiert? Solche Betreiber erledigen das Thema verlängerter Restlaufzeiten."