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Pressestimmen von Samstag, 15. Februar 2003

Walter Lausch14. Februar 2003

Sitzung des Weltsicherheitrats / Engagement des Papstes für die Vermeidung eines Kriegs / Sinn von Friedensdemonstrationen

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Die Irak-Krise -unter verschiedenden Aspekten-, das ist das Thema dieses Blicks auf die Kommentarseiten der Samstagsausgaben der deutschen Tageszeitungen.

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG analysiert die Sitzung des Weltsicherheitrats in New York:

"Die Ergebnisse der Inspektoren lassen ähnlich wie vor gut zwei Wochen den Spielraum für Interpretationen in alle Richtungen zu. Eines allerdings sind sie mit Sicherheit noch nicht: Der schwerwiegende Bruch von UN-Auflagen, der den Grund liefert, sofort militärisch loszuschlagen. Bagdad kann zwar noch immer nicht nachweisen, wo 1.000 Tonnen Kampfstoffe und biologische Waffen wie Anthrax abgeblieben sind. Das muss aber im Umkehrschluss nicht heißen, dass es sie überhaupt gibt. Viel spricht jetzt dafür, den Inspektoren noch mehr Zeit für ihre Kontrollen einzuräumen, ohne den militärischen Druck gegenüber Bagdad aufzuweichen. Eine Variante, die vor allem von Deutschland, Frankreich und Russland eingefordert wird."

Aus Sicht der FREIEN PRESSE in Chemnitz wird der Verlauf der Sitzung des Weltsicherheitsrats die USA nicht daran hindern, weiter den Krieg zu planen:

"Wenn nicht alle Zeichen trügen, dann steht die Welt ganz kurz vor einem Krieg, dessen unmittelbaren Ausgang man sich gewiss noch vorstellen kann, dessen weiter reichende Folgen aber Risiken in sich bergen, die nicht abschätzbar sind. Eines dürfte allerdings klar sein: Das Zusammenleben der Völker wird danach an Sicherheit nicht gewonnen haben, weil dem internationalen Terrorismus auf diese Weise nicht beizukommen ist. In den gewiss nicht ungefährlichen Hochzeiten des kalten Krieges galt in Ost wie West ein Satz: Lieber zehnmal miteinander verhandeln als einmal aufeinander zu schießen. Letztendlich war es damals auch diese Koalition der Vernunft, die eine mögliche Katastrophe verhinderte. Dieses Denken kann so falsch nicht gewesen sein."

Auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU warnt die USA davor, in den Krieg zu ziehen:

"Mit einem so oder so erzwungenen Irak-Krieg drohen die USA ein Stück jener Glaubwürdigkeit zu verspielen, die sie sich als Befreier und Beschützer Europas, und zuletzt noch als freiwillige Helfer auf dem Balkan, über Jahrzehnte hinweg erworben haben. Schon die enormen Aufgaben nach dem Sturz Saddam Husseins und die weiteren Anforderungen des Anti-Terror-Krieges werden zeigen, wie sehr sicherlich auch ein Imperium dieser Glaubwürdigkeit bedarf."

Die Rostocker OSTSEE-ZEITUNG greift die Ankündigung von Saddam Hussein auf, Massenvernichtungswaffen per Dekret zu verbieten:

"Die echte Neuigkeit kam gestern nicht aus New York, sondern aus Bagdad. Saddam Hussein hat geruht, alle Massenvernichtungswaffen zu verbieten. Glückwunsch! Genau dies hatte der gewiefte Taktiker bereits 1991 US-Präsident Bush sen. versprochen. Warum lässt Saddam 'verbieten', was im Irak, wo seine Geheimdienste jeden Schritt überwachen können, angeblich nicht existiert?"

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München fragt sich, warum der Papst soviel Engagement bei der Verhinderung eines Irak-Kriegs zeigt:

"Der Krieg würde auch Wojtylas Lebenswerk gefährden. Der Irak gehört zu der Region, in der die großen monotheistischen Religionen ihren Ursprung haben, dort liegt für Johannes Paul II. der Schlüssel für den interreligiösen Dialog, den er sein ganzes Pontifikat lang voranzutreiben sucht. Wojtyla, der ein Mann der Gesten ist, will zeigen, dass es eine Möglichkeit der Versöhnung zwischen den Religionen gibt - die dürfte ein Krieg auf lange Sicht zunichte machen."

Weltweit wird an diesem Samstag wieder für den Frieden demonstriert. Für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG haben die Proteste einen falschen Zungenschlag:

"Ein Christentum, das nicht grundsätzlich für Frieden wäre, hätte zumindest heutzutage keine Zukunftsaussichten. Doch diese Medaille hat eine Kehrseite: Wer sich nicht verteidigt, hat, falls es bös kommt, ebenfalls keine Zukunftsaussichten. Deshalb müsste sich jede Demo, die irgendwo in Europa, Amerika oder sonst wo stattfindet, eigentlich gegen denjenigen richten, der der Ursprung der gegenwärtigen Friedensgefährdung ist. Kurzsichtige Demonstranten marschieren «für Schröder» oder «gegen Bush», weitsichtige aber protestieren gegen Saddam..."