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Pressestimmen von Samstag, 15. Oktober 2005

Frank Gerstenberg.14. Oktober 2005

Irak vor dem Verfassungsreferendum / Naltschik nach dem Terrorangriff / Europa angesichts der Vogelgrippe

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Der Irak steht mit dem Verfassungsreferendum vor einer Weichen- stellung. In der autonomen russischen Republik Kabardino-Balkarien schweigen die Waffen, aber viele Fragen bleiben offen - auch für die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen:

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder glaubt nicht, dass die Verfassung dem Irak den Frieden bringt:

"Im Grunde ist es sekundär, ob die neue Verfassung im Irak angenommen wird oder nicht. Die Gewalt im Lande hat eine Dynamik erreicht, die sich nicht durch ein Referendum eindämmen lässt. Die Schiiten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, wurden in der Saddam-Ära von den Sunniten drangsaliert. Die Kurden haben nicht vergessen, wie der Diktator im Norden Giftgas einsetzte. Die Frage ist nicht, ob, sondern wann der Irak an seinen inneren Widersprüchen und der Einmischung von außen zerbricht."

Die AUGSBURGER ALLGEMEINE möchte die Hoffnung für den Irak nicht aufgeben:

"Wer in der islamischen Welt auf Demokratie setzt, muss einiges schwer Verdauliche schlucken. Im Irak sind es der Terror und die Zerrissenheit der drei Hauptgruppen, der Schiiten, Kurden und Sunniten. Hinzu kommt die schwere Hand der Amerikaner. Wer Pessimist ist, erweist sich wahrscheinlich als Realist. Und trotzdem: Gelänge das irakische Demokratie-Experiment allen Widrigkeiten zum Trotz - was für ein neuerlicher Triumph der Freiheit dies wäre! Die Hoffnung sollte auch im Terror geplagten Irak zuletzt sterben."

Der Kommentator der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG gibt sich keinen Illusionen hin:

"Auch eine Zustimmung zur neuen Verfassung würde vermutlich nicht den Terror und die Mordlust sogenannter Insurgenten bremsen, die sich die meisten ihrer Opfer unter Zivilisten suchen. Sie würde sie allerdings weiter ins politische Abseits drängen. Dieser politische Prozeß ist in Blut getränkt; seine Mentoren hatten sich das so nicht vorgestellt, und sie tragen auf verschiedene Weise Mitschuld daran."


Das WESTFALEN-BLATT aus Bielefeld blickt nach Kabardino-Balkarien und glaubt, dass die Gewalt der russischen Streitkräfte in Naltschik neue Gewalt sät:

"Auslöschen, eliminieren: Das ist die Sprache eines totalen Krieges. Die Bilder des Theaters von Moskau, der Schule von Beslan und nun wieder der toten Polizisten und Zivilisten in Naltschik vor Augen kann man die Sprache Wladimir Putins für einen Augenblick sogar verstehen. Doch am Ende des Tages gibt es im Armenhaus Tschetschenien nicht weniger, sondern mehr Terroristen. Das traurigste Ergebnis der Kompromisslosigkeit Moskaus ist, dass alle Politiker und Menschenrechtler Tschetscheniens, mit denen Putin mal einen Kompromiss hätte schließen können, heute tot oder geflohen sind."


Nach den Meldungen über das Vogelgrippe-Virus in der Türkei und in Rumänien mehren sich die Befürchtungen auch in Westeuropa.

Der WESTFÄLISCHE ANZEIGER aus Hamm fragt provokant:

"Werden wir alle schon bald eines schrecklichen Todes sterben müssen? Wie seriös ist der Anlass für Sorge, Angst, Panik? Hielte man sich in diesen Tagen eher an echte Experten wie jene der Welt- Gesundheitsorganisation und weniger an so manche arg vereinfachende Schlagzeile, an voreilige Politiker und zur vorschnellen Impfung rufende Ärzte, dann hätten viele ohnehin von Angst zerfressene Menschen in diesem Land sicher eine große Sorge weniger."

Entwarnung auch von der STUTTGARTER ZEITUNG:

"Es ist verständlich, wenn Menschen beunruhigt die neuesten Nachrichten aus der Türkei und aus Rumänien verfolgen. H5N1 ist auf Grund bestimmter viraler Eigenschaften ein besonders aggressiver Keim. Die Vogelgrippe ist aber in erster Linie eine Tierkrankheit, und vielleicht sollte man sie besser bei ihrem früher gebräuchlichen Namen nennen: Geflügelpest. Das hört sich für den Menschen weniger gefährlich an und kommt der Wahrheit näher, denn für den Menschen birgt das Vogelvirus kaum ein Risiko. Die Angst vor dem Virus und dem drohenden wirtschaftlichen Schaden sitzt daher vor allem den Geflügelzüchtern im Nacken. Um ihre Gesundheit müssen sie sich weniger sorgen."