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Pressestimmen von Samstag, 16. August 2003

Redaktion: Arian Fariborz15. August 2003

Stromausfälle USA-Kanada/Debatte über Bund-Länder-Gipfel

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Die massiven Stromausfälle in den USA und Kanada sowie der Vorschlag eines Bund-Länder-Gipfel zu den geplanten Reformen in Deutschland sind die beherrschenden Themen in den Kommentaren der Tageszeitungen.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt zum Stromausfall:

"Die Ursache für das Problem ist mindestens so alt wie die Überlandleitungen: Energie in den Vereinigten Staaten ist zu billig:
Deshalb steigt die Nachfrage, deshalb gibt es kaum eine menschliche Verrichtung, welche in Amerika nicht auch mit Strom betrieben werden könnte (...). Es ist nicht so, dass Amerikaner nicht dazu bereit wären, Strom zu sparen. Sie sind zu Opfern jederzeit bereit - wenn sie erst einmal von ihrer Notwendigkeit überzeugt sind. Aber die US-Bürger erhalten von ihren Volksvertretern und Regierungen keinen Anreiz zur Sparsamkeit."

Die Tageszeitung DIE WELT kritisiert:

"(...) Das amerikanische Stromnetz ist so fragil, weil sich dort offenbar niemand die Mühe macht, über die Refinanzierung technisch stabiler Netz-Infrastruktur nachzudenken. Sicherheit kostet eben Geld. Eine Deregulierungspolitik, die vor allem als Rabattaktion für den Verbraucher dargestellt wird und den Unternehmen bei der Preisbildung Fesseln anlegt, wird weitere Infarkte provozieren, die nicht immer so glimpflich verlaufen müssen wie gestern in Amerika
(...)."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU hinterfragt die ersten amerikanischen Reaktionen auf den Stromausfall:

"Alle New Yorker werden bei dem massiven Stromausfall im Nordosten der Vereinigten Staaten am Donnerstagnachmittag sofort an einen Terroranschlag gedacht haben. Sicherlich kein Pendler, der sich in dem hastigen Exodus aus Manhattan nach 16 Uhr Ostküstenzeit nicht an die Bilder des einstürzenden World Trade Center erinnert hätte. Für die 50 Millionen vom Stromausfall Betroffenen in der Region, für die dem Fernsehdrama im Lande Zugeschalteten und für die Strategen in dem neu gegründeten Heimatschutzministerium gab es zunächst nur eine Frage: War es ein Akt des Terrors oder eine technische Panne, die das Land in Angst und Schrecken versetzte? Erneut wurde der Unterschied greifbar, der so viele transatlantische Verwerfungen verursacht: Im Gegensatz zu Europa wähnen sich die USA weiter im Krieg."

Und die LÜBECKER NACHRICHTEN bemerken hierzu:

"Der Blackout in den USA zeigt, dass Volkswirtschaften um so angreifbarer werden, je mehr sie von gigantischen Großstrukturen geprägt sind, gerade auf dem Energiesektor. Dezentrale Versorgung aufbauen durch Förderung von Brennstoffzellenforschung, Wasserstoff- und Sonnenenergie könnte eine Lehre aus der US-Lektion sein. Nicht zu vergessen die Erkenntnis, dass sowohl ein Staat als auch ein Markt den Interessen möglichst vieler Menschen und nicht nur weniger Gewinnmitnehmer dienen soll."

Themenwechsel: Zur wachsenden Bereitschaft von Bund und Ländern, eine Lösung im Reformstreit zu finden, schreibt das HAMBURGER ABENDBLATT:

"Was ist bei den ganzen Bildungs-, Wirtschafts-, Energie-, Auto- und sonstigen Gipfeln nebst einem Bündnis für Arbeit in den vergangenen Jahren herausgekommen? Herzlich wenig. Es spricht nicht viel dafür, dass dies bei einem Bund-Länder-Gipfel, der jetzt zur Debatte steht, anders sein würde. Alle sind mit allen auf vielen Kanälen ohnehin ständig in Kontakt. Dass Reformpolitik trotzdem im Schneckentempo vorankommt, liegt also nicht an einem Mangel an Gesprächen. Es fehlt an Konsensbereitschaft. Alle stellen Parteitaktik gern über die Sache und missgönnen einander aus diesem Grund politische Erfolge."

Ähnlich kritisch äußert sich das FLENSBURGER TAGEBLATT über den Gipfel, der von Thüringen und Nordrhein-Westfalen unterstützt wird:

"Der thüringische CDU-Ministerpräsident Althaus will den Gemeinden in einer 'Zwischenlösung' schnell zusätzliche Mittel zukommen lassen, um dann 2005 statt schon 2004 eine grundlegende Reform in Kraft treten zu lassen. Dieser Vorschlag ist verführerisch und verhängnisvoll zugleich. Wer jetzt nicht erkennt, dass die Reformen keinen Aufschub mehr erlauben, wird im nächsten Jahr bei dann womöglich besserer Konjunktur und höheren Steuereinnahmen auch nicht weitsichtiger handeln."