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Pressestimmen von Samstag, 17. April 2004

zusammengestellt von Herbert Peckmann16. April 2004

Rücktritt von Bundesbankpräsident Welteke/ Urteil im Strauß-Prozess/ Neue Nahost-Politik der US-Regierung

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Der Rücktritt von Bundesbank-Präsident Ernst Welteke ist das Hauptthema in den Kommentarspalten der deutschen Tageszeitungen. Weitere Themen sind das Urteil im Prozess gegen Max Strauß und die neue Nahostpolitik der US-Regierung.

Zum Rücktritt Weltekes schreibt DIE RHEINPFALZ aus Ludwigshafen:

"Zwei Wochen lang hat der bestbezahlte Angestellte der Republik sich stur gestellt und offenbar gehofft, er könne noch einmal davonkommen und im Amt bleiben. Er hat nicht wahrgenommen, wie einstimmig sowohl die politische Klasse als auch die öffentliche und die veröffentlichte Meinung auf seinen schnellen Abgang gedrängt haben. Schon mit seiner Entscheidung, die Kosten für einen Kurzurlaub mit Familie in dem Berliner Luxushotel Adlon von einer Privatbank finanzieren lassen, hat sich Welteke für das Amt disqualifiziert. Mit seinen ersten Rechtfertigungsversuchen hat er zusätzliche Zweifel an seinen Fähigkeiten genährt."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU konstatiert:

"Für die Öffentlichkeit genügt: An der Spitze einer bedeutenden Institution steht keiner mehr, der sich den Ruf eines Raffke erworben hat. Für einen Vortrag zu einem bedeutenden Ereignis ein Honorar nebst Übernachtung für den Referenten - kein Problem. Aber ein Kurzurlaub in einem Luxushotel nebst Anreise mit familiärem Hofstaat - das ist, ja: ein Skandal. Es wäre gut, wenn der frühere SPD-Politiker auch dies einsähe. ... An der Tat gemessen, hat Welteke richtig gehandelt. Endlich."

Ähnlich sieht es der MANNHEIMER MORGEN:

"Wie Welteke um sich schlägt, zeigt die wahre Ursache für seinen Abgang: Er ist untragbar geworden, weil er das Gespür für sein Amt verloren hat. Der oberste Währungshüter darf sich nicht von einer von ihm zu kontrollierenden Bank zur viertägigen Luxussause samt Familie einladen lassen. Statt Reue zu zeigen, wurde Welteke frech- und nährte das Klischee von den Raffkes an der Staatsspitze, die keinerlei Bodenhaftung haben. Der Image-Schaden ist irreparabel. Die Regierung versuchte es und setzte die unabhängige Bundesbank beispiellos unter Druck. Das war moralisch richtig, aber politisch falsch. Jetzt sind alle beschädigt. Wenigstens ist Welteke weg."

Zur Geldstrafe im Prozess gegen Max Strauß bemerkt die Münchner SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Bei Gericht gibt es nichts umsonst, beim Strafgericht schon gar nicht. Wenn ein Angeklagter dort dazu verurteilt wird, 300.000 Euro zu zahlen, dann liegt das Wort 'Geschenk' eigentlich ziemlich weit weg von dem, was einem als Kommentar einfällt. Gleichwohl: Wenn man Max Strauß heißt, wenn einem nach den üblichen Straftarifen wegen Beihilfe zum Betrug mindestens zwei Jahre Gefängnis mit Bewährung drohen und wenn man sich gleichzeitig noch in einem zweiten großen Strafprozess vor einem anderen Gericht zu verantworten hat, dann ist eine Strafe von 300.000 Euro, Ratenzahlung gestattet, wie ein Geschenk des Himmels."

Nochmals Themenwechsel. Die Berliner TAZ befasst sich mit der Äußerung von Außenminister Joschka Fischer, der Vorstoß des israelischen Regierungschefs Scharon müsse nicht zwangsläufig zu einer Verletzung des "Road Map"-Friedensplans führen. Zitat:

"Man kann es mit der Diplomatie auch zu weit treiben. Das zeigt Außenminister Fischers Reaktion auf die Kehrtwende der USA im israelisch-palästinensischen Konflikt. Das Motiv ist klar ...: Als Land von begrenztem Einfluss kann die Bundesrepublik nur mitreden wenn sie sich nicht zu weit vom Mainstream der internationalen Politik entfernt. Tatsächlich jedoch reicht Idealismus nicht aus, um im Gerangel der Global Player den deutschen Positionen Geltung zu verschaffen. Drastisch ausgedrückt: Wer im Kuhfladen noch nach Goldkörnern sucht, macht sich die Hände schmutzig."

Schließlich noch die NEUE RUHR ZEITUNG aus Essen, die ebenfalls den Kurswechsel der US-Regierung im Nahost-Konflikt kommentiert:

"Die Entscheidungen des in Bedrängnis geratenen Bush sind gewiss dem US-Wahlkampf geschuldet. Doch kann der Zweck die Mittel heiligen? Den politischen Konkurrenten daheim die jüdischen Wählerstimmen abspenstig zu machen, hat mit dem Ringen um Frieden nichts zu tun. Für diesen Frieden braucht Bush Verbündete."