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Pressestimmen von Samstag, 22. Januar 2005

Gerhard M Friese21. Januar 2005

Antidiskriminierungsgesetz der Bundesregierung/ Antrittsrede des US-Präsidenten Bush

https://p.dw.com/p/69LT

Das von der Bundesregierung vorgelegte Antidiskriminierungsgesetz und die Antrittsrede des wiedergewählten US-Präsidenten George W. Bush stehen an diesem Samstag ganz oben auf den Kommentarseiten deutscher Tageszeitungen.

Kritisch und skeptisch betrachten die meisten Kommentatoren das Antidiskriminierungsgesetz. So schreibt der MANNHEIMER MORGEN:

"Mit ihrer Antidiskriminierungsrichtlinie schießt die rot-grüne Koalition weit übers Ziel hinaus, sie schafft keine Rechtssicherheit und hilft den Benachteiligten nicht, sondern baut neue Hürden auf. Auch wenn die Kritik von Opposition und Wirtschaft völlig überzogen ist, weil sich die Konflikte im Alltag in Grenzen halten und meist wohl auch außergerichtlich geregelt werden, offenbart der Gesetzentwurf einmal mehr das tief sitzende Misstrauen von Rot-Grün gegenüber dem Einzelnen."

Das OFFENBURGER TAGEBLATT meint:

"Diskriminierung hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. Sie über die Legislative verhindern zu wollen, greift aber zu kurz. Diskriminierung muss gesellschaftlich geächtet werden. Erziehung und Kinderstube sind gefragt, nicht der Knüppel eines praxisfernen Gesetzes. Zugegeben: Das ist beschwerlich, nicht immer von Erfolg gekrönt, und es erfordert Zivilcourage. Trotzdem ist das der bessere, der nachhaltigere und der würdigere Weg."

In den SUTTGARTER NACHRICHTEN heißt es:

"Kein Toleranzedikt, dieses Antidiskriminierungsgesetz - ein Umerziehungsprojekt. Dass die Menschen so etwas mit sich machen lassen, ist nicht zu erwarten. Sie werden handeln wie bisher - und die rot-grünen Weltverbesserungspläne links liegen lassen. Sicher ist nur: Die Gerichte bekommen zu tun. Und die Bürokraten auch."

Die Rostocker OSTSEE-ZEITUNG sieht dagegen auch positive Aspekte:

"Dass die rot-grünen Regierungskoalitionen diesen Benachteiligungen nun per Gesetz begegnen will, ist die Anstrengung alle mal wert. Vielleicht könnte sie das Klima im Land ins Positive verwandeln. Es könnte statt der Macht der Ellenbogen, statt gegenwärtigem Jugend-, Leistungs- und Schönheitswahn mehr Humanität und mehr Gerechtigkeit bringen. Im günstigsten Fall. Wahrscheinlich ist diese segensreiche Wirkung des bürokratisch daherkommenden Gesetzesentwurfes allerdings nicht."

Mit der Antrittsrede von US-Präsident Bush befasst sich die Berliner Tageszeitung TAZ:

"Die Welt freier, gerechter und demokratischer machen zu wollen - dies war das überragende Thema von Bushs Antrittsrede. ... Man konnte fast jeden Satz seiner Rede unterschreiben. Wer ist nicht gegen den Sturz von Tyrannen, für die Achtung von Menschenrechten und den Sieg der Demokratie? Nur weil diese Sätze aus Bushs Mund kommen, sind sie nicht falsch. Denn im Grunde stellen sie urdemokratische, auch sozialdemokratische Ideen dar, die ebenso von John F. Kennedy und Bill Clinton vertreten wurden."

Den deutschen Aspekt betont die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Sieht man von einer verwirrten Stimme aus dem Koalitionsuntergrund ab, dann sticht die wohlwollende Reaktion in Berlin ins Auge. Die Bundesregierung will wieder mit Bush ins Geschäft kommen - mit einem Bush, von dem es nicht zuletzt abhängt, ob Deutschland seine außenpolitischen Ziele erreicht, und der soeben - geläutert? - bündnispolitische Korrektheit, also Partnerschaftspflege, versprochen hat. Man wird sehen, was daraus und aus Bushs großem Freiheitselan wird."

Und die FRANKFURTER RUNDSCHAU bemerkt:

"Wer Bushs Rede aufmerksam liest, findet indes auch Ermutigung und diplomatische Tauwetter-Signale. Was tun? Man könnte Bush beim Wort nehmen. Und einen transatlantischen Dialog darüber beginnen, wie Freiheit und Demokratie tatsächlich gemeinsam vorangetrieben werden könnten."

Anders dagegen die Heidelberger RHEIN-NECKAR-ZEITUNG:

"Die Konflikte zwischen den USA und Europa, hier insbesondere mit Deutschland und Frankreich, bleiben präsent und im Grundsatz unüberbrückbar. Das bedeutet für uns: Mit Bush leben. Aber wie schon im Falle Irak ohne mit ihm zu sterben. Bush selbst hat die Notwendigkeit der Realpolitik mit jener Floskel bedient, man werde auf den Rat der Verbündeten hören. Aber welcher?"