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Pressestimmen von Samstag, 22. Juni 2002

zusammengestellt von Bernhard Schatz21. Juni 2002

EU-Gipfel / Union-Kompetenzteam

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Die Kommentatoren der deutschen Tagespresse befassen sich am Samstag vor allem mit dem Gipfeltreffen der Europäischen Union in Sevilla, bei dem es vor allem um die Bekämpfung der illegalen Einwanderung geht. Ein zweites Thema ist die Berufung von Friedrich Merz in das sogenannte Kompetetenz-Team von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber.

Zum zweitägigen EU-Gipfel meint die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG:
"Erst unter dem Druck der Erfolge von Rechtspopulisten in Ländern der Gemeinschaft nahmen sich die Regierungen der Sorge vieler Bürger an. Einige Länder, allen voran das liberale Dänemark, haben ihre Ausländergesetze bereits verschärft. Jetzt endlich verständigen sich Regierungen auch auf der Ebene der EU. Solange die Europäer maßvoll vorgehen und auch Entwicklungshilfe als Instrument gegen ungewollte Zuwanderung begreifen, wird Europa nicht zur Festung werden, nur sicherer. Auch für die Zuwanderer."

In der THÜRINGER ALLGEMEINEN heisst es:
"Immerhin reagiert die EU nun endlich auf das Erstarken der
Rechtspopulisten und wendet sich den von ihnen ausgeschlachteten Problemen zu, wie der illegalen Einwanderung. Allerdings ist im Hauruck-Verfahren schwerlich zu lösen, was zuvor jahrelang auf die lange Bank geschoben wurde. Acht geben mussten die Gipfelteilnehmer in Sevilla, dass sie nicht vorgeführt wurden von all den Haiders, die inzwischen von Österreich bis Dänemark Regierungseinfluss ausüben und natürlich versuchen, bei ihren Reizthemen den Ton anzugeben. Martialisch genug klangen auch so schon die Debatten über den Einsatz von Kriegsmarine und Flugzeugen gegen Schiffe mit Flüchtlingen."

In der WESTFÄLISCHEN RUNDSCHAU lesen wir:
"Die Versuchung der einfachen Antworten ist groß. Nach den
rechtsextremistischen Wahlerfolgen in Europa treten die Staats- und Regierungschefs der EU in Sevilla an, Stärke und Entschlusskraft zu beweisen. Sie wollen das Thema der illegalen Einwanderung - richtigerweise - nicht den rechten Populisten überlassen; allerdings laufen sie dabei Gefahr, ausgerechnet deren falsche Rezepte zu übernehmen. Das Konzept einer Festung Europa hat keine Zukunft."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kommentiert:
"Die Regierungschefs wollten die seriöse Integration der
Einwanderungsfragen in die Außenpolitik verkünden. Es ging um den Anspruch, die illegale Einwanderung mit einer umfassenden Entwicklungshilfepolitik 'an den Wurzeln' zu bekämpfen. Doch Blair, Aznar und Silvio Berlusconi haben Sevilla einen anderen Stempel aufgedrückt. Das Problem der illegalen Einwanderung wurde auf die Frage verkürzt, wie man Regierungen bestrafen kann, die sich nicht an ihre Rücknahmeverpflichtungen halten. Wenn es darum geht, sich unerwünschte Einwanderer vom Leib zu halten, ist man offenbar strenger als beim Export der eigenen demokratischen Prinzipien."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG sieht es so:
"Spaniens Regierungschef Aznar ist mit dem Radikalvorschlag gescheitert, Länder mit Wirtschaftssanktionen zu bestrafen, die die illegale Einwanderung in die EU nicht bekämpfen. Stattdessen hat sich die EU geeinigt, politischen Druck auf diese Länder auszuüben. Das ist gut so. Denn die Erfahrungen auf diesem sensiblen Gebiet zeigen, dass man mit Gewalt nur wenig erreicht. Es ist abwegig zu glauben, dass man die gesamte afrikanische Küste mit Grenzschützern abschotten und Europa so zur Festung machen könnte."

Themenwechsel und damit zu Edmund Stoibers 'Schattenkabinett'

Im Bonner GENERAL ANZEIGER heisst es:
"Schon Oskar Lafontaine hatte den Finanzexperten der Union,
Friedrich Merz, politisch völlig unterschätzt, wie er später einmal eingestand. Insoweit ist die Einbeziehung des Unions-Fraktionsvorsitzenden in das Kompetenzteam des
Kanzlerkandidaten ein weiterer feiner personalpolitischer Schachzug von Edmund Stoiber. Merz steht zudem in dem Ruf eines zupackenden Machers. Er bildet damit einen auffälligen Gegensatz zu den finanz- und wirtschaftspolitischen Repräsentanten einer Regierung, die als Leitlinie der Problembewältigung das abwartende Signal der ruhigen Hand ausgeben."

Die in Regensburg erscheinende MITTELBAYERISCHE ZEITUNG glaubt:
"Edmund Stoibers Wahlkampf-Leitsatz könnte auch lauten: 'Von den Sozis lernen, heißt Siegen lernen'. Die Strategen der Union haben die erfolgreiche 98er Kampagne der Sozialdemokraten gründlich analysiert - und bislang erfolgreich kopiert. Die Opposition agiert, und die Regierung reagiert häufig nur noch. Jüngstes Beispiel ist die Berufung von Friedrich Merz ins Kompetenzteam der Union. Während Finanzminister Eichel sich noch abmüht, einen Haushalt mit vielen Fragezeichen schönzureden, kontert die Union mit der Ernennung ihres
Finanz-Experten."