1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Samstag, 22. Mai 2004

die Redaktion hatte Thomas Pelzer.21. Mai 2004

Wahl des Bundespräsidenten/ Gipfel Russland-EU/ Israel Armee-Offensive

https://p.dw.com/p/54x3

Im Blickpunkt der Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen steht an diesem Samstag die Wahl des Bundespräsidenten. Dazu kommt am Sonntag in Berlin die Bundesversammlung zusammen. Weitere Themen sind der Russland-EU-Gipfel sowie Israels Armee-Offensive im Gazastreifen. Zunächst zur Bundespräsidentenwahl. Es kandidieren die Hochschulprofessorin Gesine Schwan und der ehemalige IWF-Chef Horst Köhler. Er wurde von Union und FDP nominiert, die in der Bundesversammlung die Mehrheit haben.

Zu seinen Vorstellungen schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Köhler glaubt, dass sich der deutsche Sozialstaat übernommen hat, dass ein reformunfähiges Deutschland seinen Wohlstand verspielt. Aber: Das macht seine Rolle schwierig. Ein Bundespräsident ist nicht der Präsident der Deutschland AG. Bei vier Millionen Arbeitslosen, die er auch repäsentiert, wird es wenig nutzen, in Schloss Bellevue den obersten Unternehmensberater zu spielen und einer entmutigten, nöligen Nation die Reste des Sozialstaats auszutreiben."

Zum Auftritt der beiden Kandidaten im Vorfeld der Wahl meint die NEUE RUHR/NEUE RHEIN ZEITUNG aus Essen:

"Beide Bewerber verbindet die Sorge um die Folgen des massiven Vertrauensverlustes des Volkes in die Politik. Sie erfassten damit die Tiefenströme eines weit verbreiteten Unbehagens und machten sich diese Stimmung zu Nutze."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf würdigt den scheidenden Bundespräsidenten:

"Johannes Rau gehörte zu einem Politikertyp der alten Bundesrepublik, dem sozialer Ausgleich, möglichst breite Übereinstimmung und Rücksichtnahme auf die Schwachen Selbstverständlichkeiten zu sein schienen. Angesichts der neoliberalen Wende, die selbst in seiner eigenen Partei alle tradierten Werte niederzureißen droht, konnten seine Interventionen leicht als wirkungslose Verklärungen verstanden werden."

Themenwechsel. Die in Magdeburg erscheinende VOLKSSTIMME analysiert das erste Gipfeltreffen zwischen der erweiterten EU und Russland:

"Am Beispiel Russland exerziert die EU vor, wie sie sich künftig die Beziehungen zu den östlichen Unions-Nachbarn vorstellt: Vertrauensvoll und kooperativ. Muss das aber um beinahe jeden Preis sein? Die Europäer stehen mit ihrem Segen zum WTO-Beitritt Russlands zwar als gute Freunde Moskaus da, werden aber unter Umständen noch dumm aus der Wäsche gucken."

Ähnlich argumentiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Es ist vernünftig, dass die Europäer auf wirtschaftliche Zusammenarbeit setzen und von Moskau erwarten, dass es sich an Regeln hält, die des Rechtsstaats und die der WTO zum Beispiel. Nicht minder wichtig wäre es, wenn sie dabei das machtpolitische Axiom nicht aus dem Blick verlören, von dem allein Präsident Putin sich leiten lässt - nach innen wie nach außen."

Damit zum nächsten Thema. Zur israelischen Armee-Offensive im Gazastreifen erläutert die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt:

"Ziel der Angriffe war das Auffinden von Terroristen und die Zerstörung der Tunnel, durch die der Waffenschmuggel die ägyptische Grenze in den Gaza-Streifen überwindet. Festgenommen wurde bislang ein mutmaßlicher Extremist. Von den unterirdischen Gängen, die angeblich in Wohnhäuser münden, fand sich kein einziger. Doch 40 Tote forderte das Feuer von Hubschraubern und Panzern in die Menge demonstrierender Palästinenser."

Die OSTSEE-ZEITUNG, sie erscheint in Rostock, gibt zu Bedenken:

"Nach den fragwürdigen gezielten Tötungen von Hamas-Funktionären ist die Regierung Scharon mit dem unmäßigen Vorgehen in palästinensischen Wohnvierteln erneut dabei, rechtsstaatliche wie moralische Prinzipien zu untergraben. Israels Recht, sich gegen den Terror zu verteidigen, wird niemand bezweifeln. Terror nahezu ausschließlich mit Gewalt zu bekämpfen, wirkt jedoch kontraproduktiv."

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER beleuchtet die Rolle der Vereinten Nationen in dem Konflikt und resümiert:

"So richtig es ist, dass der internationale Druck auf die Regierung Scharon gewachsen ist, die Gaza-Offensive abzubrechen - nur ein Machtwort (des US-Präsidenten)Bush könnte ein sofortiges Ende herbeiführen, was wiederum kaum zu erwarten ist."