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Pressestimmen von Samstag, 24. April 2004

ausgewählt von Ulrike Quast23. April 2004

Daimler-Chrysler gibt kein Kapital mehr für Mitsubishi / Bahn-Katastrophe in Nordkorea

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Die Entscheidung von Daimler-Chrysler, dem angeschlagenen japanischen Partner Mitsubishi Motors die Unterstützung zu entziehen ist das Hauptthema der Kommentatoren der deutschen Tagespresse an diesem Samstag.

Die Tageszeitung DIE WELT konstatiert:

"Die Vision einer automobilen 'Welt AG' unter der Führung von Jürgen E. Schrempp ist gescheitert. Fünfeinhalb Jahre nach der Fusion von Daimler-Benz und Chrysler ist aus der 'Hochzeit im Himmel' eine 'Hölle auf Erden' geworden. Milliarden Euro an Aktienkapital wurden vernichtet. ... Chrysler entpuppte sich nach zwei guten Jahren unerwartet als Sanierungsfall. Die Allianz mit Mitsubishi war halbherzig vorbereitet und hätte das Unternehmen noch auf Jahre hinaus belastet. In den USA wie in Japan wurden die Schwierigkeiten unterschätzt."

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER kritisiert:

"Konzernherr Schrempp hat das Management in Tokio viel zu lange vor sich hinwerkeln lassen. Wo Renault im Falle seiner japanischen Beteiligung Nissan kurz entschlossen ein paar Milliarden in die Hand nahm, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen, zögerten die Stuttgarter und wagten nur kleine Schritte. ... Jetzt sieht es so aus, als wollte Schrempp, der den starken Auftritt liebt, mit einem kräftigen Tritt auf die Bremse jenes japanische Desaster einfach hinter sich lassen, das er selbst mit angerichtet hat."

Die NEUE WETZLARER ZEITUNG vermutet:

"Der Ausstieg bei Mitsubishi dürfte der Anfang vom Ende de Ära Schrempp bei DaimlerChrysler sein. Schon sind die Stimmen zu hören, die nun auch eine Trennung oder vielmehr einen Befreiungsschlag in Sachen Chrysler fordern. Denn die US-Tochter trübt weiterhin das Erscheinungsbild des Konzerns. Schrempps Scheitern weckt Erinnerungen an den Fall seines Vorgängers, den der Noch-Konzernboss selbst mitbetrieben hatte. Auch Edzard Reuter scheiterte an einer ehrgeizigen Vision."

DER TAGESSPIEGEL aus Berlin meint:

"Ohne Mitsubishi macht auch Chrysler für Daimler kaum noch Sinn. Das wissen die Börsianer und haben die Aktie nach oben gekauft. Weil die Kapitalmärkte und die Mehrzahl der Anleger kurzfristige Interessen haben. Schrempp steht mit seiner langfristigen Strategie gegen die Interessen der Kapitalmärkte. Doch er ist auf dem richtigen Kurs und braucht dabei Mitsubishi. Deshalb ist der mutmaßliche Rückzug von Daimler-Chrysler womöglich nur eine Inszenierung, um den japanischen Partnern einen Schrecken einzujagen und deren Finanzierungs- Bereitschaft zu fördern."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER ist der Auffassung:

"Endlich ein Machtwort aus Stuttgart, auf das viele Aktionäre von DaimlerChrysler lange gewartet haben. Mit seinem Nein zu einer milliardenschweren Kapitalerhöhung beim maroden japanischen Autobauer hat Schrempp allerdings nicht wirklich klare Verhältnisse geschaffen. Denn über einen Verkauf des 37-Prozent-Anteils denken die Manager in der Konzernzentrale offiziell noch nicht nach. Was also verbirgt sich hinter der überraschenden Notbremsung? Denkbar ist, das dies der erste Schritt war, sich von der Vorstellung einer gut funktionierenden Welt AG endgültig zu verabschieden. Wahrscheinlicher ist, dass Schrempp den japanischen Großaktionären von Mitsubishi vorerst nur signalisieren will, dass die Stuttgarter nicht mehr gewillt sind, ständig Geld in ein marodes Unternehmen zu pumpen."

Die STUTTGARTER ZEITUNG hinterfragt die Rolle des Konzernchefs:

"Zwar wird kolportiert, Schrempp selbst habe diesen Beschluss herbeigeführt. Ob das ganz freiwillig geschehen ist, sei dahingestellt. Denn vor der Aufsichtsratssitzung hat überhaupt nichts darauf hingedeutet, dass eine derart weit reichende Entscheidung fallen würde. Wohl in fast jedem anderen Großunternehmen hätte dieses Fiasko den Vorstandsvorsitzenden den Job gekostet. Schrempps Vertrag hingegen wurde erst vor zwei Wochen bis 2008 verlängert."

Abschließend ein Blick in den Kölner EXPRESS, der die Explosions-Katstrophe in Nordkorea kommentiert:

"Kim Jong Il, der grausame Diktator Nordkoreas, geht über Leichen. Wie Ende der 90er Jahre, als er erst dann spärliche Informationen über eine Hungersnot in dem von ihm mit eisern-kommunistischer Faust regierten Land rausgab, als es zu spät war. Rund zwei Millionen Menschen sollen verhungert sein, da Hilfe aus dem Ausland nicht rechtzeitig angefordert wurde. Weil sie nicht erbeten war. Kim Jong Il hatte sein Volk seinem Machtwahn geopfert. 3000 Tote, 150 Tote? Zugunglück, Sprengstoffexplosion - oder Schlimmeres? Kim Jong Il ließ eine ganze Region von der übrigen Welt abschneiden, um die Zustände im von ihm ruinierten Land zu verheimlichen."