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Pressestimmen von Samstag, 24. Juli 2004

Annamaria Sigrist23. Juli 2004

Einigung bei Daimler-Chrysler

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Das beherrschende Thema der Kommentare in deutschen Tageszeitungen ist die Einigung beim Autokonzern Daimler-Chrysler.

DIE WELT aus Berlin schreibt:

"Es wird sich erst noch erweisen müssen, ob die Vereinbarungen, die der Vorstand von Daimler-Chrysler mit seinem Betriebsrat und der IG Metall getroffen hat, tatsächlich 'Modellcharakter' für ganz Deutschland haben, wie der Konzernchef, Jürgen Schrempp, sagt. Der Konzern will durch die Summe der beschlossenen Maßnahmen immerhin 500 Millionen Euro pro Jahr einsparen und gibt dafür den betroffenen Mitarbeitern eine Beschäftigungsgarantie bis 2012. Das ist in dieser schnelllebigen Zeit, die wirtschaftlich kolossalen Veränderungen unterworfen ist, eine so einzigartige Zusage, dass man kaum an sie glauben möchte."

In der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG heißt es:

"Tatsächlich beweist die Einigung im Kostenstreit bei Daimler-Chrysler, dass die IG Metall in der Ära Peters/Huber kompromissfähiger ist, als ihr viele zugetraut haben. Daimler-Chrysler hat für nötig befundene Einsparungen erreicht und verzichtet daher bis 2012 auf Entlassungen. Das ist die gute Nachricht für den Standort Deutschland. Beachtlich ist auch, dass es dafür keine generelle Rückkehr zur 40-Stunden-Woche geben muss. Denn hier wird deutlich, dass die einseitige Ausrichtung auf das Thema Arbeitszeit nicht die erhoffte Lösung der Beschäftigungsprobleme in unserem Land bringen wird."

Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg stellt fest:

"Die deutschen Tarifverträge sind gar nicht so unflexibel, wie uns immer vorgegaukelt wird. Viele Bausteine, die jetzt eine Einigung innerhalb des Tarifvertrages möglich machten, wurden erst im Februar vereinbart, andere gab es schon länger. Manche Unternehmer sollten erst mal die vorhandenen Spielräume studieren und kreativ nutzen, ehe sie nach weiteren Änderungen rufen. Es wird Zeit, dass diese unsinnigen Forderungen nach einer 40- oder 42-Stunden-Woche endlich verstummen."

Die FREIE PRESSE aus Chemnitz sieht die Gewerkschaft geschwächt:

"Der Sparkompromiss im Musterländle Baden-Württemberg, dort, wo bislang immer Milch und Honig flossen, macht deutlich, in welcher schwachen Position sich die IG Metall befindet. Gerade in ihrem kampferprobtesten Bezirk, in dem bei Tarifverhandlungen traditionell Pilotabschlüsse getätigt werden, musste die größte deutsche Industriegewerkschaft den Brocken schlucken. Und es werden noch weitere hinzukommen."

Der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn gibt zu bedenken:

"Natürlich wäre zu hoffen, dass sich auch andere Unternehmen so nachhaltig zum Erhalt von Jobs in Deutschland bekennen würden. Doch die Situation zum Beispiel bei VW oder Opel, wo ähnliche Konflikte bevorstehen, ist viel ernster. Beide Konzerne stecken mitten in der Krise, während die immer noch ertragsstarke Marke mit dem Stern im Vorjahr 3,1 Milliarden Euro Gewinn erwirtschaftete. Die VW- und Opel-Beschäftigten, aber auch die Arbeitnehmer in vielen anderen Betrieben, werden höchstwahrscheinlich größere Konzessionen machen müssen, um ihre Stellen zu sichern."

In der FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG heißt es:

"Das ermutigende Signal zeigt, dass es sich lohnt, für den Standort Deutschland zu kämpfen. Wie weit es trägt, wird man schon bald an anderer prominenter Stelle beobachten können. Bei dem vom Großaktionär Niedersachsen beeinflussten VW-Konzern steht eine Sparrunde bevor - man darf gespannt sein, ob die neue Kultur des Miteinander auch hier kluge Entscheidungen zur Rettung von Arbeitsplätzen möglich macht."

Abschließend meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Möglicherweise markiert das Jahr 2004 wirklich eine Wende zum Besseren in der deutschen Wirtschaft. Und möglicherweise wird man diese Wende später einmal an drei Begriffen festmachen: Hartz IV, Siemens und Daimler. Als die Bundesregierung beschloss, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe zusammenzulegen, zeigte sie den Mut, auch auf sehr unpopuläre Weise die Arbeitskosten zu begrenzen. Bei Siemens in Bochold und Kamp-Lintforf und bei Daimler-Chrysler in Sindelfingen zeigten Arbeitgeber und Gewerkschaft, dass sie Industiearbeitsplätze in Deutschland halten wollen und dass dies Ziel wichtiger ist als irgendein Besitzstand."