1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Samstag, 24. November 2001

24. November 2001

Vorbereitungen auf den Grünen-Parteitag / Die Annäherung zwischen der Nato und Russland

https://p.dw.com/p/1PPK

Zum Auftakt des Bundesparteitages der Grünen beschäftigen sich die Kommentatoren vieler deutscher Tageszeitungen mit der Haltung des kleinen Regierungspartners zum anstehenden Bundeswehreinsatz im Anti-Terror-Kampf. Ein anderes Thema ist die als historisch gewertete Annäherung zwischen der Nato und Russland.

Aber zunächst zum Parteitag der Grünen. Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG schreibt zu diesem Thema:

"Die Grünen kommen aus dem Stress wegen der Militäreinsätze nicht heraus. Nach der Zerreißprobe bei der Abstimmung im Bundestag tobt an diesem Wochenende der gleiche Streit beim Bundesparteitag in Rostock. Es geht um das Schicksal der Partei. Und egal wie die Abstimmung ausfällt - die Grünen können nur verlieren. Sie haben die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wenn die Delegierten gegen die Militäreinsätze stimmen, zerbricht die Koalition und die Realpolitik bleibt auf der Strecke. Stimmt der Kongress mit Nein, verprellt er die Fundis und damit die pazifistische Seele der Partei."

Auch für den BERLINER KURIER ist die rot-grüne Regierungkrise noch nicht ausgestanden:

"Heute schlägt die eigentliche Bewährungsstunde der rot-grünen Koalition unter Kanzler Gerhard Schröder. Die Basis hat das Wort. Und die tickt anders als die Fraktion. In Rostock werden die Fetzen fliegen, die Pazifisten gegen die Krieger. Grüne Friedensapostel werden fauchen und schimpfen, der Realo Außenminister Fischer wird ob seiner Partei wieder mal verzweifeln. Und am Ende werden sie doch wieder Ja zum Kurs ihres Fuhrmannes Joschka sagen. Käme es anders, wäre das erste rot-grüne Bündnis am Ende."

Die BAYERISCHE RUNDSCHAU erwartet, dass die jüngsten Entwicklungen in Afghanistan den Grünen die Zustimmung leichter machen werden:

"Der Krieg ist beinahe gewonnen, Deutschland wird sich wohl nicht an Kampfeinsätzen beteiligen, sondern mit dem grünen Außenminister Fischer an die Spitze bei der Bewältigung der Kriegsfolgen stellen. Die Grünen können wieder sein, was sie am liebsten sind: gute Menschen. Daran, und nicht an ein mögliches nächstes Ziel von USA und NATO im Anti-Terror-Krieg mögen die Delegierten denken, wenn sie heute zähneknirschend ihrer Führung folgen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG beschäftigt sich mit der Parteitagstaktik:

"Kaum ist aus ihren eigenen Reihen das Wehklagen über den Kanzler verhallt, der habe mit der Vertrauensfrage den Koalitionspartner gezwungen, gegen seine pazifistischen Überzeugungen zu stimmen, wendet die Führung der Grünen das Zwangsmittel der Kopplung bei der eigenen Partei an. In Rostock soll nicht getrennt über die Macht - Fortsetzung der Koalition - und das Gewissen - keine Auslandseinsätze der Bundeswehr - abgestimmt werden, sondern im Verbund. Weil die Grünen bis in ihre Wurzelspitzen ins Regieren verliebt sind und Fischer, ob ausgesprochen oder nicht, seine eigene Vertrauensfrage stellen wird, stehen die Chancen gut, dass die Partei auch dieses Mal ihrer Führung folgt."

Zu einem anderen Thema. Der Bonner GENERAL ANZEIGER beschäftigt sich mit der Annäherung zwischen der Nato und Russland:

"Die jetzt geplante geregelte Zusammenarbeit mit Moskau ist darauf angelegt, den wirklichen Bedrohungen dieser Zeit zu begegnen, statt weiter mit Schimären der Vergangenheit zu kämpfen. Die NATO schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie gewinnt einen unverzichtbaren Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und andere Menschheitsgefahren und sie beseitigt zugleich die Hindernisse, die der nächsten Erweiterung der sich freilich rasch verändernden Allianz im Wege standen. Man hätte das früher schon haben können und hätte sich und der Welt wohl manche Probleme erspart. Aber es bedarf eben immer des Drucks dramatischer Entwicklungen, damit Politiker der Vernunft Tribut zollen."

Zum gleichen Thema schreibt das NEUE DEUTSCHLAND:

"In dem von Robertson präsentierten Plan des britischen Premiers Blair ist davon die Rede, Russland künftig in die NATO-Beratung bestimmter Fragen gleichberechtigt einzubeziehen - weg von der bisherigen 'Schwatzbude' Gemeinsamer Rat bis hin zu einem noch vagen Vetorecht. Doch so sehr Moskau seit langem auf eine sicherheitspolitische Entscheidungsfindung auf gleicher Augenhöhe drängt, den Eindruck des Schlangestehens vor den NATO-Toren will man dann doch nicht vermitteln. Neben dem vor allem mit Blick auf die USA existenziellen nuklearen Kräfteverhältnis wird vor allem das weitere Vorgehen des westlichen Bündnisses bei seiner Osterweiterung darüber entscheiden, ob und wann hier Blütenträume reifen."