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Pressestimmen von Samstag, 26. März 2005

Susanne Eickenfonder 25. März 2005

Kirgisien / Ostern und der Papst

https://p.dw.com/p/6QD0

Der Sturz der Staatsführung in Kirgisien ist das große Thema der Kommentatoren der deutschen Tagespresse. Im Blickpunkt auch das Osterfest und der schwer erkrankte Papst.

Zur Situation in der früheren Sowjetrepublik schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Damit setzt sich in Kirgisien fort, was im postsowjetischen Raum vor mehr als einem Jahr in Georgien begonnen hat und was die Welt vor ein paar Monaten in Atem hielt, als sie nach Kiew blickte. Bei allen politischen, sozialen und sonstigen Unterschieden läßt sich doch ein ähnliches Muster feststellen: Oppositionspolitiker, die Gegenelite, mobilisieren den Volkszorn gegen gefälschte Wahlen - Kollaps der staatlichen Apparate und Sturz der Herrschenden sind dann nur eine Frage der Zeit."

Die BERLINER ZEITUNG konstatiert:

"Nun ist auch der kirgisische Präsident Askar Akajew auf der Flucht vor seinem Volk. Selbstverständlich haben alle diese politischen Umbrüche etwas gemeinsam. Sie folgen denselben Vorzeichen und sie sind Bewegungen, die eine unvollendet gebliebene Revolution an ihr Ziel führen wollen: Die Abschaffung einer Staatsform, die sich überlebt hat, der Sowjetunion...Die gelenkte Demokratie ist eine gefälschte Demokratie und als solche, ebenso wie eine getürkte Marktwirtschaft, zum Scheitern verurteilt. Das dämmert nun auch ihren Erfindern in Moskau."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU weist darauf hin:

"Das Akajew-Regime ist zusammengebrochen, bevor die Revolution es stürzen konnte. Der Umsturz gelang zu rasch, um sofort in eine neue Ordnung hinüber führen zu können. Eine neue Führung einzusetzen, erwies sich als schwierig, und die neue Macht reichte nicht aus, Plünderungen und Brandstiftungen in der Hauptstadt zu verhindern. Die Opposition hatte nicht genügend Zeit, sich zu konsolidieren...Das unterscheidet die kirgisische von den anderen Umwälzungen im nachsowjetischen Bereich."

Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG greift diesen Gedanken auf und analysiert:

"Die Situation in Kirgisien zwingt zum genauen Hinsehen. Das kleine mittelasiatische Land birgt erhebliches Konfliktpotenzial... In Kirgisien handelt es sich bei der Opposition nicht um eine gut organisierte Studentenbewegung wie in der Ukraine, sondern um Clans verschiedenster Herkunft, die laut Kennern des Landes von Drogen- und Waffenhändlern unterstützt werden. Diese Kartelle setzen auf Anarchie. Die legitime Forderung nach Demokratie droht missbraucht zu werden."

Abschließend zu diesem Thema die ABENDZEITUNG in München:

"Der Sog der Demokratie wirkt weiter... Ein Domino-Effekt, der nicht nur dem Kreml Sorgen macht. Kirgisien ist wichtig: Die chinesischen Nachbarn fürchten wie Moskau den Export der Revolution. Und auch die USA wollen nicht recht mitjubeln über den Aufstand der Betrogenen. Auf ihrer Nachschub-Basis für den Krieg in Afghanistan brauchen sie Ruhe. Aber so ist das mit der Demokratie. Wenn man das Volk fragt, dann gibt es nicht immer die Antwort, die alle hören wollen."

Auf das Osterfest und den Papst geht der WESTFÄLISCHE ANZEIGER aus Hamm ein. Zitat:

Erstmals in den 26 Jahren seiner Amtszeit hat Johannes Paul II. sich einer Instanz beugen müssen, gegen die er seit Jahren ankämpft: seiner Krankheit. Die Karwoche, der Kreuzweg und schließlich die Osterfeierlichkeiten ohne seine direkte Anwesenheit: Niemand dürfte mehr darunter leiden als er selbst. Und es passt zu ihm wie zu keinem vor ihm, dass er sich nicht abschirmen, nicht aus der ihm so wichtigen Öffentlichkeit verbannen lässt. Jetzt, da ihm die Kraft des Wortes genommen ist, setzt er umso mehr darauf, die Hand zu erheben zum Segen für die, die zu Millionen darauf warten. Es ist sein ganz persönlicher Kreuzweg, und er geht ihn so, wie er es aus seinem Verständnis seines Amtes und seines Glaubens gehen wohl muss: vor aller Augen."

Zum Schluss noch die AUGSBURGER ALLGEMEINE:

"Ostern ohne Papst. Was viele für undenkbar gehalten haben, wird wohl eintreten. Die Welt muss zur Kenntnis nehmen, dass Johannes Paul II. zu schwach ist, um die geistlichen Funktionen auszuüben. Ob bereits der Anfang vom Ende dieses Pontifikats eingetreten ist, weiß Gott allein...Es ist schwer vorstellbar, dass die katholische Kirche Wochen oder gar Monate in diesem Schwebezustand ohne Auswirkungen aushalten kann."