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Pressestimmen von Samstag, 28. Februar 2004

zusammengestellt von Arian Fariborz.27. Februar 2004

UN-Abhör-Affäre / Wahl zur Hamburger Bürgerschaft

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Die Kommentare deutscher Tageszeitungen befassen sich an diesem Samstag vor allem mit der Ausweitung der UN-Abhör-Affäre sowie mit der bevorstehenden Wahl zur Hamburger Bürgerschaft.

Die Tageszeitung DIE WELT bemerkt zum Lauschangriff bei den Vereinten Nationen:

"Um weder weltfremd noch nassforsch über die kaum dementierten Abhörvorwürfe gegen Geheimdienste zu befinden, muss zuerst allerlei Irrelevantes beiseite geschoben werden. Dass eine Ex-Ministerin mit kaum verhohlener Rachsucht dem britischen Premier schaden will - es spielt keine Rolle. Ebenso unwichtig ist, dass beileibe nicht nur Londons Geheimdienst Wanzen gegen die UN und prominente Mitarbeiter eingesetzt hat. Schon jetzt ist die Liste der Verdächtigten lang, inklusive Frankreich und Russland. Wer weiß schon, wer noch fehlt. Wichtig ist nicht einmal, ob das Abhören internationaler Organisationen wie UN oder Rotes Kreuz grundsätzlich weniger 'legal' ist als Lauschereien bei befreundeten oder gegnerischen Regierungen. Zum Schutz ihrer nationalen Sicherheit lassen auch Demokratien die Geheimdienste in einer Grauzone operieren; mancher Zweck heiligt manche Mittel - aber eben nicht alle."

Die LÜBECKER NACHRICHTEN bewerten die Affäre ähnlich kritisch:

"Der Skandal um die - noch muss man sagen mutmaßlichen - Lauschangriffe auf UN-Chef Kofi Annan und seine Mannen zeigt: Die Geheimdienste haben überall ihre Ohren, die der westlichen Staaten sind offensichtlich besonders groß und empfindlich. Die Enthüllungen sind aber kein Geheimdienst-Skandal. Sie sind ein Regierungs-Skandal. Denn die Spione haben im staatlichen Auftrag gehandelt. Deshalb wird die Sache auch bald unter den Teppich gekehrt werden, und abgehört wird weiter."

Und in der Münchener ABENDZEITUNG lesen wir:

"Die verwanzten Nationen: Es ist immer erschreckender, was nun über die schmutzigen Tricks im Vorfeld des Irak-Kriegs bekannt wird. Wenn es stimmt, dass die Regierungen Blair und Bush den UN-Chef und seine Waffeninspekteure haben abhören lassen - und danach sieht es aus -, dann offenbart das ein höchst merkwürdiges Feindbild dieser beiden: Feind ist, wer bis zuletzt versucht, bei den Fakten zu bleiben und für eine friedliche Lösung zu kämpfen. Während man selbst mit aufgebauschten oder gar bewusst verdrehten Behauptungen die Weltöffentlichkeit manipulieren wollte. Auch wenn heute versucht wird, die Gräben wieder zuzuschütten: Da haben Bush und Blair noch manches zu erklären."

Themawechsel: Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kommentiert ein mögliches Wahldebakel der Sozialdemokraten bei der Hamburg-Wahl an diesem Sonntag :

"Es war für Hamburger Verhältnisse eine epochale Entscheidung, die SPD nach 44 Jahren von der Regierung auf die Strafbank zu versetzen; die Gründe für diesen Wechsel wirken nach, zwei Jahre in der Opposition scheinen vielen Wählern nicht Buße genug zu sein. Die Hoffnung jedenfalls, 2001 sei es nur zum Betriebsunfall einer bürgerlichen Regierung gekommen, nach deren Scheitern die Stadt wieder geläutert ihr rotes Kleidchen überstreifen würde, diese Hoffnung wird sich so einfach nicht erfüllen. (...) Wird die SPD am Sonntag abgestraft, wäre dies auch ein Menetekel, was der Bundespartei in diesem Jahr der Wahlen noch bevorsteht: Wenn in Hamburg keine Wahlen zu gewinnen sind - wo dann?"

Abschließend bemerken die RUHR NACHRICHTEN:

"Das Votum von Hamburg geht weit über die Grenzen des Stadtstaates hinaus: Denn die Wählerinnen und Wähler an Alster und Elbe sind gleichzeitig auch die entscheidenden Weichensteller für die zentralen bundespolitischen Entwicklungen dieses Jahres. Die Demoskopen sagen einen spannenden Wahlabend voraus, bei dem fast alles möglich ist. Nur eins ist ausgeschlossen: Eine nochmalige Beteiligung Ronald Schills an der Macht in Hamburg. Und das ist auch gut so. Denn schmierlappiger als Schill kann man sich kaum noch als Politiker disqualifizieren."