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Pressestimmen von Samstag, 31. August 2002

zusammengestellt von Ulrike Quast30. August 2002

EU-Außenministertreffen / Sofortprogramm der Union

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Die Kommentatoren der Tagespresse beschäftigen sich an diesem Samstag mit den Beratungen der EU-Außenminister im dänischen Helsingör und ihrer Suche nach einer gemeinsamen Haltung zur amerikanischen Irakpolitik. Die meiste Beachtung findet aber das Sofortprogramm von CDU und CSU für die ersten 100 Tage nach einem möglichen Sieg bei der Bundestagswahl.

Doch zunächst zur EU. Die DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN schreiben hierzu:

'Im dänischen Helsingör mühen sich die 15 Außenminister an diesem Wochenende, einen europäischen Kurs in den Auseinandersetzungen mit den USA um die Irak-Politik und den Internationalen Strafgerichtshof zu bestimmen. Nur als Gemeinschaft kann die EU im internationalen Geschehen Bedeutung erlangen und in so zentralen Fragen wie Krieg und Frieden Einfluss ausüben. Gelänge es den Außenministern in Helsingör, lautlos die Reihen zu schließen, wäre viel gewonnen. Auf einer gemeinsamen Basis ließe sich dann das Kunststück versuchen, den USA Grenzen zu weisen, ohne sich zu brüskieren. Einen amerikanischen Alleingang gegen den Irak werden die Europäer zwar im Zweifel nicht verhindern können, wohl aber, dass sich die Weltmacht Immunität vor dem Internationalen Strafgerichtshof erschleicht.'

Das Sofortprogramm der Union kommentiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

'In einer Hinsicht allerdings gibt sich die Union sozial- demokratischer als jeder von ihr gescholtene Sozialdemokrat: Sie wirft verbal mit Geld um sich, das der Staat nicht hat. Von der Flutopferhilfe bis zum Familiengeld, von der Steuersenkung bis zum Aufbau Ost: ungedeckte Milliarden-Schecks. Statt aber sozialdemokratischer als die Sozialdemokraten weiterzudenken (also: das Geld bei denen zu holen, die haben) oder offen für Verschuldung als Konjunkturhilfe zu plädieren, vertröstet Stoiber die Steuerzahler auf die Einnahmequelle Aufschwung, die irgendwann nach dem Deregulierungs-Festival schon sprudeln werde. Das ist unseriös.'

Die BERLINER ZEITUNG schreibt zu Stoibers Programm:

'Man darf die Stromlinienform allerdings nicht übertreiben, sonst verschwindet man. Oder bleibt bestenfalls als Leichtgewicht stehen, und die Menschen beginnen sich zu fragen, ob es noch an anderer Stelle an Gravitas fehlt. Und wenn man dann höhere Zinsen für weniger schädlich als höhere Steuern erklärt, oder den Einfluss der Weltwirtschaft auf die deutsche Konjunktur mit dem Export verwechselt, dann könnte aus dem leisen ein ziemlich dringender Zweifel werden, und dann gerät das mit dem Scheitern der Regierung vielleicht doch noch in Vergessenheit. So wie jetzt.'

Die Tageszeitung DIE WELT meint:

'Sicher ist, dass die CDU/CSU ihr Sofortprogramm ohne Einsparungen nicht umsetzen kann. Dabei wird sie auch an Subventionen und Sozialleistungen herangehen müssen. Die Union sollte den Mut haben, sich hier ehrlicher zu äußern, wenn ihr Programm mehr als Wahlkampf sein soll.'

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN kommentieren:

'Die Wirtschaft boykottiert nicht, sie verfolgt Interessen. Stoibers Annahme, der Mittelstand könne nur mit ihm, ist deshalb genauso falsch wie Schröders Verdacht, die Unternehmer gebärdeten sich als Fünfte Kolonne der Union. Die einzige Frage, die sich stellt: Wer setzt die Kräfte dieses Landes besser frei. Darum geht es. Investiert aber wird immer. Nach dem Wahltag ist Zahltag.'

Auch die NEUE RUHR/NEUE RHEIN ZEITUNG widmet sich dem Sofortprogramm der Union:

'Deutschland steckt sehr viel tiefer in der Tinte, als zumindest die großen Volksparteien in diesem Wahlkampf einzuräumen bereit sind. Im einen Fall wundert das nicht. Wer vier Jahre regiert und um Verlängerung wirbt, neigt in seiner Bilanz zum Beschönigen, auch wenn dies ärgerlich bleibt. Das eigentlich Bemerkenswerte: Auch der Union fehlt der Mut, ungeschminkt die enormen Probleme und die notwendigen, sicher zunächst unangenehmen Therapien zu benennen, die auf nahezu allen Politikfeldern anstehen. (...) Statt mutig neue Wege aufzuzeigen, suggeriert er finanzielle Spielräume, um der Konjunktur auf die Beine zu helfen. Die gibt es nicht.'

Abschließend ein Blick in die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG:

'Startprogramm heißt das Sofortprogramm. Doch Kehrtwende hätte dem Maßnahmekatalog der Union für die Zeit nach einem Machtwechsel als Titel besser entsprochen. Denn es formuliert einen drastischen Richtungswechsel. Stoibers Mannen halten die 180-Grad-Wende natürlich für erforderlich. ... An diesem Wahlaktionismus Marke 'Seht her, wir sind anders' zeigt sich das Dilemma der Politik. Der geistige Horizont vieler Berufs- parlamentarier reicht gerade bis zur nächsten Wahl.'