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Pressestimmen von Samstag, 31. Juli 2004

Gerhard M. Friese30. Juli 2004

Wahlkampf USA / Sudan-Resolution der UN

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Die Rede des demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry, auf dem Parteitag in Boston ist das alles beherrschende Thema der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU sieht in der Rede einen ersten Schritt auf dem Weg, neue Wähler zu gewinnen:

"Wer ein klares politisches Programm von Kerry erwartet hat, kennt die Gepflogenheiten des modernen Wahlkampfs nicht und muss deshalb zwangsläufig enttäuscht sein. Kerrys klares Bekenntnis zum Internationalismus, seine Betonung der außenpolitischen Verantwortung der USA und seine Ausführungen zum Patriotismus stimmen im Vergleich zum Amtsinhaber aber eher erfreulich. Das ist schon etwas. Doch wird es reichen am 2. November für John F. Kerry? Noch ist mehr als die Hälfte der Wechselwähler, auf die es ankommen wird, unentschlossen. Kerrys Auftritt hat gezeigt, was in ihm steckt. Nun gilt es, den guten Eindruck in den nächsten Wahlkampfwochen zu bestätigen. Der erste Schritt ist getan."

Sehr viel skeptischer ist da die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder:

"Unscharf blieben auf dem Bostoner Parteitag Kerrys Alternativen zu Bushs Politik in zentralen Feldern. Der Demokrat will im Kampf gegen den internationalen Terrorismus die Geheimdienste reformieren. Kerry beharrt auf dem Recht zu Präventivschlägen ohne internationale Zustimmung. Er plädiert für mehr Soldaten und die Modernisierung der Waffensysteme. Nichts anderes will auch der amtierende Präsident. Und die Amerikaner werden sich möglicherweise am Wahltag fragen, ob sie nicht gleich das Original der Kopie vorziehen sollten."

Die in Berlin erscheinende Zeitung DIE WELT schreibt:

"John F. Kerry meldet sich zum Dienst. Soldatisch, pflichtbewusst, kämpferisch. Ein guter Auftritt in Boston, einer jedenfalls, der die schon vorher geringen Erwartungen nicht unterlaufen hat. Kerry ist nicht Clinton. Er schmeichelt und umgarnt die Nation nicht; er gibt den Patrioten und fürsorglichen Führer. Die Amerikaner werden ihn nicht lieben, aber vielleicht werden sie ihn wählen am 2. November. Denn Kerry trifft auf einen geschwächten Präsidenten Bush. Einen Präsidenten, der bislang 905 gefallene Soldaten im Irak zu beklagen hat und dem die Trauer und Wut eines großen Teils der amerikanischen Bevölkerung entgegenschlagen. Kerry mag von der Parole ABB anybody but Bush profitieren, aber man täusche sich nicht: Eine großartig andere Außenpolitik wird auch er nicht verfolgen können."

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER meint zu den Hoffnungen der Europäer:

"Kerry verhält sich den Europäern gegenüber so, wie man es aus seiner politischen Karriere kennt: nett im Ton, unklar in der Sache. Seine Rede schafft keine Klarheit. Sie sollte den konservativen Teil der Wählerschaft begeistern, nicht die multilateral und UN-geneigten Europäer. Bush oder Kerry - den Europäer bleibt es nicht erspart, sich auf ihre eigenen politischen Stärken zu besinnen."

Die Dortmunder RUHR NACHRICHTEN sehen das etwas optimistischer:

"Mit seinen Visionen ist Kerry aber nicht nur ein Hoffnungsträger für seine Landsleute. Auch für Europa und die Welt könnte es mit einem neuen Mann in Washington auch wieder eine neue Politik geben. Denn mit dem Vietnam-Veteran Kerry käme ein von den Vorgängen nach dem 11. September 2001 unbelasteter, gleichwohl aber in militärischen Angelegenheiten hocherfahrener und - dekorierter Politiker zum Zuge, dem ein besseres geostrategisches Konzept zugetraut werden darf als dem vorzugsweise in Schwarz-Weiß- Kategorien denkenden Bush."

Zum Schluss noch die Stimme des MANNHEIMER MORGEN zur Sudan-Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen:

"Wie viele verzweifelte Menschen müssen noch im Sudan sterben? 30 Tage will sich die Weltgemeinschaft jetzt Zeit lassen und erst nach dieser viel zu langen Frist entscheiden, ob man dem Regime in Khartum Daumenschrauben anlegt. Es sind immer dieselben Länder, die sich im UN-Sicherheitsrat quer legen... Aber nicht nur das Krisenmanagement der Diplomaten verdient die Note ungenügend. Es ist ein Skandal, dass UN-Generalsekretär Kofi Annan die Staatengemeinschaft auffordern muss, endlich das notwendige Geld für Darfur bereitzustellen. Während im Irak die Milliarden für einen sinnlosen Krieg nur so verpulvert werden, bekommt die UNO nicht einmal 300 Millionen Euro für ein bescheidenes Hilfsprogramm zusammen. Das ist purer Zynismus."