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Pressestimmen von Samstag, 6. Dezember 2003

zusammengestellt von Ulrike Quast5. Dezember 2003

Selbstmordanschlag in Russland/ Streit um Nuklearexport nach China/

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Der Selbstmordanschlag auf einen Pendlerzug im Süden Russlands und die möglichen Auswirkungen auf die Stabilität des Landes beschäftigen die Kommentatoren der Tagespresse ebenso wie der geplante Export der Hanauer Nuklear-Fabrik nach China. Zunächst zu dem umstrittenen deutsch-chinesischen Plutoniumgeschäft.

Die DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN schreiben:

"Rein rechtlich ist der Anlagen-Export nach China wohl nicht zu verhindern. Politisch hätte es aber nur eines frühzeitigen Kanzler- und Fischer-Wortes bedurft. Mit Ach und Krach kann man sich dabei vielleicht noch heraus winden. Der Finnland-Deal allerdings trifft ins Mark. Mit rot-grüner Staatsknete wird vermutlich eine neue Reaktor-Linie gesponsert. Das ist ein Präzedenzfall: Regierungs- Grundsätze taugen nur für die Abteilung Moral, industriepolitisch sind den Schröders und Fischers ihre eigenen Maßstäbe nicht viel wert. Ist nicht der entscheidende Mangel der Tagespolitik die mangelnde Verlässlichkeit? Die rot-grünen Atom-Ein-, und Ausstiegs- politiker sind drauf und dran, allen Kredit zu verspielen."

Im MANNHEIMER MORGEN heißt es:

"Auch diesmal nimmt sich Außenminister Fischer, der einst als hessischer Umweltminister die Inbetriebnahme der Hanauer Brennelemente- Fabrik verhindert hat, aus der Schusslinie und überlässt dem Kanzler den Part der Rechtfertigung. Er selbst legt die Stirn in Falten und spricht von der Notwendigkeit, manchmal 'bittere Entscheidungen' treffen zu müssen. Nach demonstrativem Schulterschluss sieht das nicht aus. Hat nun der Kanzler seinen Stellvertreter und die grüne Partei überrumpelt, oder scheut Fischer das Bekenntnis seiner Mitverantwortung?"

Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen ist der Ansicht:

"Aber gerade weil die Grünen bei diesem Thema so sensibel sind, ist nicht zu verstehen, warum Schröder und Fischer so unsensibel agieren. Wieso wird der chinesische Antrag nicht erst in Berlin ausführlich erklärt, bevor der Kanzler alle damit überrascht? Wieso verspricht Umweltminister Trittin, man werde versuchen, die rechtlichen Chancen zu nutzen, um den Verkauf zu verhindern, wenn er doch weiß, dass es keine rechtlichen Mittel geben wird?"

Kommentarthema der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG ist der blutige Selbstmord- Anschlag im Süden Russlands, bei dem mindestens 40 Menschen getötet wurden. Das Blatt befasst sich mit den Auswirkungen auf die russische Politik:

"Wenn der Präsident nun sagt, den Terroristen gehe es darum, die Lage im Lande zu destabilisieren, so hat er Recht. Wenn er versichert, das werde ihnen nicht gelingen, so stimmt vermutlich auch das. Mit terroristischen Mitteln lässt sich die Politik des russischen Staates nicht verändern. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Mit demokratischen Mitteln auch nicht. Putins 'gelenkte Demokratie' hat ein fast geschlossenes System geschaffen, in der nicht der Bürger den Präsidenten bestimmt, sondern der Präsident über die Bürger."

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG meint:

"Putins martialische Drohung gegen tschetschenische Terroristen war schon früher eine Kampfansage, die mehr Hilflosigkeit als erkennbare Strategie verriet. Der Anschlag auf einen Pendlerzug im Süden Russlands vor den Parlamentswahlen stellt nun einen Kaiser bloß, unter dessen zerschlissener Aura Nacktheit durchschimmert. Es mag paradox erscheinen, dennoch - oder gerade deshalb - wird Putin versuchen, aus dem Terrorakt Nutzen zu ziehen: noch mehr Staatsgewalt, noch mehr Polizeistaat und noch mehr Kontrolle."

Abschließend die STUTTGARTER ZEITUNG:

"Auch nach dem Anschlag deutet nichts darauf hin, dass der Kreml seine Taktik im Kaukasus ändern wird. Der russische Innenminister Boris Grislow nennt die Terroristen wilde Tiere, die nirgendwo ihre Ruhe finden werden. Nur massiver internationaler Druck könnte den Kreml im Kaukasus wieder auf den Weg der Diplomatie zwingen. Doch in Zeiten des Kampfes gegen den globalen Terrorismus haben allzu viele Länder Verständnis für Putins Vorgehen."