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Prima Klima oder heiße Luft?

9. Juli 2009

Bis 2050 soll die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzt werden, so das Ziel der G8 und der großen Schwellenländer. Mangels konkreter Maßnahmen droht das Klimaversprechen als heiße Luft zu verpuffen, meint Karl Zawadzky.

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Symbolbild Kommentar
Bild: DW

Ohne Zweifel ist auf dem Weltwirtschaftsgipfel im italienischen L'Aquila bei der Abwendung der drohenden Klimakatastrophe ein wichtiger Fortschritt erzielt worden. Nicht nur die sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten plus Russland, sondern auch die großen Schwellenländer Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika haben das Ziel ausgerufen, die globale Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.

CO2 Ausstoß soll um mindestens 80 Prozent sinken

Karl Zawadzky, Leiter der Wirtschaftsredaktion Radio und Online
Karl Zawadzky, z.Zt in L'Aquila, ItalienBild: DW / Christel Becker-Rau

Das Umsteuern der USA unter dem neuen Präsidenten Barack Obama, dessen Amtsvorgänger George W. Bush den Klimawandel noch weitgehend ignoriert hatte, hat den Schwellenländern die Zustimmung erleichtert. Hinzu kommt, dass zum Beispiel China, mittlerweile der schlimmste Luftverpester noch vor den USA, im eigenen Interesse handeln muss, denn im Reich der Mitte ist die unerträgliche Luftverschmutzung eines der größten Risiken für die Gesundheit und für das weitere Wachstum der Wirtschaft.

Die Entwicklungs- und Schwellenländer können sich dem Kampf für die Erhaltung des Weltklimas auch deswegen nicht entziehen, weil die Industriestaaten von sich selbst weit höhere Beiträge fordern als von den Ländern der Dritten Welt. So wollen die Industriestaaten ihre CO2-Emissionen bis 2050 gegenüber 1990 um mindestens 80 Prozent senken, während von den Entwicklungs- und Schwellenländern lediglich "signifikante Einsparungen" verlangt werden.

Klimaversprechen nur heiße Luft?

Doch mit diesen langfristigen Zielen und Selbstverpflichtungen ist ein Erfolg der UNO-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen noch lange nicht garantiert, wenn es nämlich darum geht, ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll auszuhandeln. Denn ein Ziel in weiter Ferne schert die Staats- und Regierungschefs wenig, wenn kurz- und mittelfristig an der Wirtschafts- und Lebensweise nichts zu ändern ist. Die eigentliche Nagelprobe erfolgt auf der UNO-Klimakonferenz, wenn es um konkrete Festlegungen bereits für die nächsten Jahre geht und sich unbequeme Entscheidungen nicht mehr auf die lange Bank schieben lassen.

Noch scheut zum Beispiel US-Präsident Barack Obama konkrete Verpflichtungen für die nächsten zehn Jahre. Und Russland ließ gleich nach dem Fortschritt in L'Aquila in aller Offenheit erklären, man werde das nationale Wirtschaftswachstum nicht auf dem Altar des Weltklimas opfern. In den Entwicklungs- und Schwellenländern geht die Furcht um, dass die alten Industriestaaten mit der Klimapolitik ihren wirtschaftlichen Vorsprung zementieren wollen.

Deshalb fordern Staaten der Dritten Welt als Gegenleistung für konkrete Beiträge zum Klimaschutz, die ihr Wirtschaftswachstum erschweren, von den Industriestaaten erstens technische Hilfe und zweitens Finanzhilfe in gigantischer Milliardenhöhe. Damit ist der Weg zum Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll mit Streit gepflastert. Die Gefahr ist nicht gebannt, sondern sehr real, dass sich das prima Klima von L'Aquila auf dem Weg nach Kopenhagen in heiße Luft verwandelt.

Autor: Karl Zawadzky

Redaktion: Insa Wrede