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Prinzip Hoffnung

29. April 2009

Die Bundesregierung erwartet in diesem Jahr einen Rückgang des Wirtschaftswachstums um sechs Prozent. 2010 aber soll die deutsche Wirtschaft wieder wachsen. Karl Zawadzky kommentiert.

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Bild: DW

Schönfärberei will die Bundesregierung sich nicht nachsagen lassen, doch Schwarzmalerei hilft auch nicht weiter. Mit seiner aktuellen Wirtschaftsprognose liegt der neue Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg im allgemeinen Trend. Das heißt: Es geht weiter abwärts. Die deutsche Wirtschaft steckt fest im Würgegriff der schwersten Rezession seit der großen Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts.

Sechs Prozent Minus

Die Wirtschaftsleistung wird im laufenden Jahr um sechs Prozent schrumpfen; damit ist Deutschland von der Krise voraussichtlich sogar noch stärker betroffen als andere große Industriestaaten. Das hat Gründe und bittere Konsequenzen.

Karl Zawadzky (Foto: Christel Becker-Rau)
Karl ZawadzkyBild: DW / Christel Becker-Rau

Kein Land kann sich der gegenwärtigen Krise entziehen. Doch warum ist Deutschland so stark betroffen? Es ist die starke Exportposition, die sonst die Konjunktur befördert, die in der derzeitigen Situation der Weltwirtschaft der deutschen Wirtschaft zum Nachteil gereicht. Deutschland erzielt deutlich mehr als 40 Prozent seiner gesamtwirtschaftlichen Leistung und damit mehr als alle anderen großen Industriestaaten mit der Ausfuhr. Das ist gut, wenn die Weltwirtschaft wächst. Und das ist schlecht, wenn es weltweit abwärts geht. Dann ist das exportstärkste Land am stärksten von der Rezession betroffen.

Exportweltmeister besonders hart getroffen

Erschwerend hinzu kommt die besondere Struktur des deutschen Exports, der auf Maschinen, Infrastruktur, hochwertige Autos, Chemieprodukte oder auch ganze Industrieanlagen spezialisiert ist. Das ist im weltweiten Aufschwung ein Vorteil und im Abschwung, wenn überall an Investitionen gespart und gekürzt wird, ein Nachteil. Schließlich erweist sich jetzt als Nachteil, dass die Gewerkschaften über viele Jahre hinweg die preisliche Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte durch eine überaus moderate Tarifpolitik gefördert haben. Dadurch sowie durch Automatisierung und Rationalisierung sind nicht nur die Lohnstückkosten gesunken, was den Unternehmen im internationalen Wettbewerb sehr geholfen hat, sondern hat sich auch eine chronische Schwäche des inländischen Konsums entwickelt. Jetzt fehlt bei breiten Bevölkerungsschichten das Geld, mit dem der inländische Verbrauch wenigstens zum Teil die Einbußen beim Export ausgleichen könnte.

Die Konsequenzen der Rezession sind nicht nur bitter für die Unternehmen, die unter akutem Auftragsmangel leiden, sowie für Arbeitnehmer, für die keine Arbeit mehr da ist, sondern auch für den Staat und für das Sozialsystem. Unternehmen droht die Pleite, Arbeitnehmern die Arbeitslosigkeit. Zwar will die Bundesregierung das Instrument der Kurzarbeit quasi als Brücke über die Krise noch einmal um ein halbes Jahr verlängern, aber irgendwann kommt, wenn die Krise anhält, unweigerlich der Jobverlust. Experten befürchten den Verlust von einer Million Arbeitsplätzen und für das nächste Jahr eine Arbeitslosenzahl von 4,6 Millionen.

Steuereinnahmen brechen weg

Der Staat ist gleich mehrfach betroffen. Einmal wird das Steueraufkommen dramatisch einbrechen, zum anderen werden die Zuschüsse zur Arbeitslosenversicherung sowie zu den anderen Zweigen des Sozialsystems kräftig ansteigen. Haushaltssanierung war gestern, heute sind die Kassen für die Rettung der Banken und von Unternehmen offen; morgen folgt die Quittung in Form eines Rekords bei der Staatsverschuldung.

Der einzige Lichtblick der Konjunkturprognose ist die Aussicht auf das Ende der Rezession. Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass sich das Tempo des Abschwungs verlangsamt und sich der Boden für eine Stabilisierung der Konjunktur zu bilden beginnt. Das zeigte zum Beispiel die Hannover Messe, die weltgrößte Leistungsschau der Industrie, das zeigt auch der Auftragseingang im Maschinenbau. Da ist der Auftragseingang zwar weiter rückläufig, aber weniger stark als zu Beginn des Jahres.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Rezession für die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr ein Ende findet und es dann langsam wieder aufwärts geht. Für 2010 erhofft Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ein Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent. Das wäre zwar wenig, aber immerhin mehr als nichts und vor allem die Rückkehr auf den Wachstumspfad.

Autor: Karl Zawadzky

Redaktion: Monika Lohmüller