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Privat bleibt privat

Jens Thurau20. August 2004

Kann ein Kanzler in Familie tun und lassen, was er will? Im Prinzip ja, aber ... Sobald es irgendwo menschelt, da ist die Journaille zur Stelle. Insbesondere die des so genannten "Boulevard".

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Auf der Titelseite, da, wo die ganz großen Bilder zum Kaufen locken, kennt Deutschland größtes Boulevard-Blatt seit Tagen nur ein Thema: Der Bundeskanzler und seine Frau Doris haben ein Kind adoptiert, ein dreijähriges Mädchen aus einem Waisenheim in Russland.

Den Berichten der „Bild-Zeitung“ ist anzumerken, wie sehr es die Redaktion schmerzt, dass keine Bilder der Kleinen verfügbar sind. Ein Foto der nun vierköpfigen Familie Schröder-Kopf aus dem Italien-Urlaub soll es geben, aber Gerhard Schröders Anwälte sind eingeschritten und haben die Veröffentlichung verhindert.

Dem Kanzler ist es ernst mit dem Schutz der Seinen, so wie mit der Privatheit der 13 Jahre alten Tochter Klara, die Doris Schröder-Köpf mit in die Familie brachte und von der kein Foto an die Öffentlichkeit gelangte. Kurz und knapp fertigte der Kanzler einen Fragesteller auf einer Pressekonferenz Mitte der Woche ab, der mehr wissen wollte über die Adoption und über Schröder Besuch am Grab seines im Krieg gefallen Vaters in Rumänien: Zum Vater gebe es nichts zu sagen, ein Kind sei adoptiert worden, das könne er bestätigen, darüber hinaus werde es keine Stellungnahme geben.

Schlecht für „Bild“. Das Blatt hilft sich mit allerlei Spekulationen über die Nachrichten-Flaute aus Hannover hinweg. Besorgt stellt die Zeitung die Frage, ob ein 60 Jahre alter Mann denn ein guter Vater sein kann. Antwort: Ja, wenn er es versteht, Vater und Großvater zugleich zu sein. Prominente Adoptionseltern werden befragt – sie alle zollen dem Kanzler Respekt. Das tat übrigens dieser Woche schon CSU-Chef Edmund Stoiber. Und auch CDU-Chefin Angela Merkel wünschte alles Gute. Der Kanzler aber schweigt weiter eisern.

Der Boulevard, so viel steht fest, wird nichts unversucht lassen, die Geschichte vom mächtigen Regierungschef und dem kleine Waisenkind zu bebildern. Bleibt nur, dem Kanzler – ganz parteiübergreifend – in dieser Auseinandersetzung wirklich jeden Erfolg zu wünschen.