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Pro: Abschalten, selbst laufen!

14. August 2009

Auch die Leichtathletik ist von Doping verseucht, meint Karin Jäger. Und so lange sich daran nichts ändert, gilt für sie: Abschalten.

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Themenbild Pro & Contra
Bild: DW

Seit mich meine Eltern im Alter von sieben Jahren im Sportverein angemeldet haben, bin ich Fan - gewesen. Mit den Olympischen Spielen von München verbinde ich, damals 11 Jahre alt, besonders lebhafte Erinnerungen. Überhaupt: Sommerspiele - das waren Leichtathletik und ein paar Randsportarten. Ob Hildegard Falck, Heide Rosendahl, Annegret Richter, Ulrike Meyfarth, Klaus Wolfermann: Noch heute sehe ich die Bilder der rennenden, springenden, werfenden, kämpfenden westdeutschen Leistungsträger vor mir, die sich mit den viel muskelmassigeren Staatsamateuren aus den Ostblockstaaten duellierten.

Dann aber - Ben Johnson 1988 in Seoul. Da habe ich mich zum ersten Mal so richtig geärgert, dass auch ich auf diese Show des Kanadiers reingefallen bin, der sich zunächst als Held feiern ließ und dann wie ein Krimineller abgeführt wurde. Habe mich gefragt, ob es Sinn macht, Lügnern und Betrügern wie ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Mit der Wende kam es noch dicker. Seither weiß ich: Es gibt auch Doping-Opfer. Das sind nicht die Ehrlichen, die nicht manipuliert haben, sondern jene, die ohne Wissen gedopt wurden. Enthüllungsjournalisten machten mir klar: Nicht nur Kälber wurden mit Clenbuterol gemästet, auch Katrin Krabbe hat es gebraucht. Medien berichten regelmäßig über Methoden der Manipulation wie Eigenblut, Fremdurin, Gendoping.

Dopingsünder müssen ins Gefängnis

Die Trickser inszenieren sich. Lachen, lamentieren, leugnen, lügen. Natürlich müssen die Leichtathleten schwer verdienen, damit sie sich die Leistungsmanipulation überhaupt leisten können. Die Olympionikin Marion Jones fiel hernach vom Thron ganz tief - ins Gefängnis. Dahin gehören alle Dopingsünder. Wie kann es sein, dass Kontrolleure und Manipulierende miteinander kooperieren? Belastete Trainer so weitermachen dürfen wie in der DDR?

Es braucht mehr Geld für weltweit einheitliche Kontrollen und Analysen. Stattdessen werden die Athleten mit teurem Hightech ins rechte Licht gerückt: Im Olympiastadion entdecken 100 Kameras fast jedes Piercing. Sie machen jede Pose aus, befragen jeden Psychologen. Politiker betreiben Wahlkampf, Prominente Schaukampf - im Glanz der Gladiatoren. Schön! Nur: Ich mag die selbstdarstellende Scheinheiligkeit im Oval nicht mehr ertragen. Es geht hier nicht um läppische Verfehlungen, sondern um Rangfolgen und Rekordlisten für die Ewigkeit. Meine Zeit ist wertvoll wie eine 100-Meter-Rekordmarke. Meine moralischen Werte sind kostbar wie die beste Seite der Medaille. Und daher übe ich mich in den alternativen Disziplinen: Abschalten. Selbst laufen.

Autorin: Karin Jäger - Sie war selbst Leistungssportlerin und Vize-Weltmeisterin der Junioren im Ski-Langlauf.

Redaktion: Manfred Götzke