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Flugzeugabstürze in Afrika

Hilke Fischer4. Juni 2012

Erneut hat ein Flugzeugabsturz in Nigeria mehr als 150 Todesopfer gefordert. Der Luftfahrtexperte Siegfried Niedek macht im DW-Interview die unsichere Rechtslage und Korruption in Afrika mitverantwortlich.

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Flugzeugabsturz in Lagos (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Deutsche Welle: Wieso ist es so gefährlich, in Afrika mit dem Flugzeug zu fliegen?

Siegfried Niedek: Ein großes Problem ist heutzutage die Flugsicherung in Afrika, das heißt die Kommunikation zwischen dem Cockpit und den Fluglotsen am Boden. Fluggesellschaften aus Europa, die nach Afrika fliegen, verlassen sich deshalb vor allem auf ihr eigenes, internes Funksystem, damit sie immer wissen, wo die jeweils andere Maschine ist. Das wird sogar von der internationalen Luftfahrtorganisation IATA empfohlen. 

Wieso ist die Flugsicherung in vielen zentral- und westafrikanischen Ländern denn so schlecht? Gibt es keine internationalen Standards?

Doch, es gibt den Standard der ICAO, der internationalen zivilen Luftfahrtorganisation. In dieser Organisation sind auch fast alle Staaten Mitglied. Die ICAO gibt aber nur Empfehlungen heraus. Die werden in jeweils nationales Recht übernommen. Also ist jeder Staat selbst für Einhaltung der Standards zuständig. Inwiefern die Staaten sich daran halten, ist die andere Frage.

Es heißt oft, dass das Geld fehle, in eine bessere Flugsicherung zu investieren. Was passiert denn mit dem Geld, das afrikanische Staaten wie Nigeria dafür erhalten, dass sie ausländische Fluggesellschaften über ihr Staatsgebiet fliegen lassen?

Es versickert irgendwo. Nur ein relativ kleiner Betrag landet am Ende bei der Flugsicherung. Es gibt in Afrika sehr gute Fluglotsen. Aber wenn sie nicht die geeigneten Geräte haben oder die Geräte nicht funktionieren, dann ist der Hintergrund: Das Geld ist nicht angekommen. Da fragen sich viele, wo es geblieben ist.

Gibt es denn wirklich keine Möglichkeit, von außen Druck aufzubauen?

International haben Sie über die ICAO kein Druckmittel, weil es keine staatliche Organisation ist, sondern eine internationale Organisation ohne eigene Rechtswirkung. Druck kann nur ausgeübt werden, wenn afrikanische Fluggesellschaften zum Beispiel in die EU fliegen wollen. Da gibt es die sogenannte "schwarze Liste". Fluggesellschaften, die auf dieser Liste stehen, weil sie bestimmte Sicherheitsstandards nicht einhalten, dürfen nicht in die EU einfliegen. Bei Fluggesellschaften, die nur innerhalb Afrikas fliegen, wie zum Beispiel in dem Fall der in Nigeria abgestürzten Maschine, hilft das natürlich nicht.

Wird sich nach diesem Absturz nicht dennoch der nigerianische Staat um eine Verbesserung der Flugsicherheit im eigenen Land bemühen?

Kleine Verbesserungen werden sie sicherlich einführen wollen. Das Problem ist bloß immer die Frage, warum das Flugzeug abgestürzt ist. Oft wird in Fällen, in denen die Absturzursache nicht klar ist, die Schuld auf den Piloten geschoben. Dann ist man mit den Problemen der Flugsicherung fein raus.

Siegfried Niedek ist Vorsitzender der Luftfahrt-Akademie in Deutschland.