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Proteste an allen Opel-Standorten

5. November 2009

Die Belegschaft von Opel in Deutschland geht auf Konfrontationskurs zu den Plänen der Konzern-Mutter GM. Diese droht mit einer Insolvenz der europäischen Tochter, falls keine Einigung über den Sparkurs erreicht wird.

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Opel-Mitarbeiter mit Sarg (Foto: Archiv/ap)
Deutschlandweit gingen die Opel-Mitarbeiter auf die StraßeBild: DPA

Aus Protest gegen mögliche Werksschließungen und massive Stellenstreichungen bei ihrem Unternehmen haben deutsche Opel-Beschäftigte am Donnerstag (05.11.2009) ihre Arbeit niedergelegt. An den deutschen Standorten Bochum, Eisenach, Kaiserslautern und Rüsselsheim mit insgesamt mehr als 25.000 Mitarbeitern riefen Arbeitnehmervertreter zu Demonstrationen auf.

Demonstration in Rüsselsheim (Foto: ap)
Die Mitarbeiter kämpfen um ihren ArbeitsplatzBild: DPA

An den Protesten in Rüsselsheim beteiligten sich rund 10.000 Mitarbeiter. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte bei einer Kundgebung, Rüsselsheim sei das Herzstück von Opel. Man wolle, dass das Unternehmen in Deutschland und Europa eine Chance habe. Zu der Demonstration in Bochum wird der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) erwartet. Sein rheinland-pfälzischer Kollege Kurt Beck will in Kaiserslautern zu der dortigen Belegschaft sprechen.

Gefahr eines Bieter-Wettstreits?

Verheugen (Foto: dpa)
Verheugen warnt vor einem Bieter-WettstreitBild: picture alliance/Wiktor Dabkowski

EU-Industriekommissar Günter Verheugen warnte davor, in einen Bieterwettstreit der EU-Länder mit Opel-Standorten einzutreten. Wenn jeder für sich mit der Konzernführung von General Motors (GM) verhandele, würden sich die Amerikaner die besten Angebote aussuchen können, sagte Verheugen dem "Hamburger Abendblatt". Ob das die wirtschaftlich Tragfähigsten wären, stünde in den Sternen.

Verheugen räumte ein, dass die jetzige Situation ohne das Eingreifen der EU-Wettbewerbsbehörde nicht entstanden wäre. Doch sei dieses nicht von ungefähr gekommen: Die meisten EU-Länder mit GM-Standorten hätten der deutschen Festlegung auf Magna sehr skeptisch gegenübergestanden und ökonomischen Nationalismus beklagt. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hatte deswegen in die Verhandlungen über die Opel-Sanierung eingegriffen und GM damit die Möglichkeit verschafft, den Verkauf abzusagen.

Aus Kroes Sicht muss die Bundesregierung GM nicht automatisch die gleichen Staatshilfen anbieten wie zuvor dem Zulieferer Magna. "Das muss jetzt die deutsche Regierung entscheiden", sagte ihr Sprecher in Brüssel. "Wir können den Mitgliedstaaten nicht vorschreiben, Staatshilfen anzubieten. Wir können und werden Staatshilfen aber darauf abklopfen, ob sie den EU-Staatshilfe- und Binnenmarktregeln entsprechen."

Kosten um 30 Prozent senken

Die GM-Zentrale in Detroit (Foto: ap)
Die GM-Zentrale in DetroitBild: AP

Über die Pläne des amerikanischen Autobauers mit seinen europäischen Niederlassungen ist bislang wenig bekannt. GM-Chefunterhändler John Smith kündigte den Abbau von etwa 10.000 der insgesamt rund 50.000 Stellen an. Dies sei weniger als von dem bisherigen Opel-Interessenten Magna vorgesehen. Das kanadisch-österreichische Konsortium hatte angekündigt, bei einer Übernahme europaweit rund 10.500 Arbeitsplätze streichen zu wollen.

Der GM-Konzern drohte offen mit einer Insolvenz der europäischen Tochter, falls keine Einigung über die Sparmaßnahmen erreicht werde. Entgegen der früheren Planung, das Werk in Bochum zu schließen, könne es möglicherweise eine attraktive Lösung geben, sagte Smith. Dies sei aber noch nicht entschieden. Die Kosten bei Opel müssten um 30 Prozent gesenkt werden. Man wolle den Restrukturierungsplan schnell ausarbeiten und dann den europäischen Regierungen vorlegen.

Genau dies forderte auch die Bundesregierung. Erst nach Vorlage des Konzepts könne über mögliche finanzielle Hilfen entschieden werden, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm.

GM-Europachef kritisiert Zentrale in Detroit

Der Europa-Chef des Opel-Mutterkonzerns GM, Carl-Peter Forster (Foto: ap)
Der Europa-Chef des Opel-Mutterkonzerns GM, Carl-Peter ForsterBild: pIcture-alliance/ dpa

GM-Europachef Carl-Peter Forster äußerte sein Unverständnis über die Entscheidung in Detroit. Man habe einen guten Sanierungsplan ausgehandelt, der auf dem Tisch gelegen habe, sagte Forster der "Bild"-Zeitung. Jetzt bestehe die Gefahr, dass die vernünftige Verteilung der Lasten wieder aufgeschnürt werde und alles von vorn beginne. Über seine eigene Zukunft bei dem Unternehmen werde er in Ruhe nachdenken.

Auch der Betriebsrat ging auf Konfrontationskurs zum Mutterkonzern. Es werde keinen Beitrag der Beschäftigten zur Sanierung von Opel geben, teilte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz mit. Zudem verlange man die sofortige Auszahlung von gestundeten Tariferhöhungen.

Autor: Christian Fähndrich (mit dpa/ap/afp/rtr)
Redaktion: Anna Kuhn-Osius