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Häuserabrisse in Lod

20. Januar 2011

Die arabischen Bürger der israelischen Stadt Lod fühlen sich benachteiligt und diskriminiert. Sie erhalten keine Baugenehmigungen. Wenn sie illegal bauen, dann werden ihre Häuser abgerissen. Wie das von Familie Abu Eid.

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Buthaina Dabid protesiert gegen die Häuserabrisse in Lod (Foto: DW/Marx)
Häuserzerstörung in Lod - Die Menschen protestieren dagegenBild: DW/B.Marx

Es ist kalt und nass in der israelischen Stadt Lod. Die Mitglieder der Familie Abu Eid sitzen unter einer Plastikplane und trinken Tee, den sie auf einem offenen Feuer gekocht haben. Ein Haus haben sie nicht mehr. Das wurde am 13. Dezember 2010 von der Stadtverwaltung abgerissen. An einem besonders kalten und stürmischen Tag, erinnert sich die elfjährige Sundus. Sie sei damals mit ihrem Bruder zu Hause gewesen und saß an seinem Computer. "Plötzlich kamen sie. Sie waren vermummt und schwarz gekleidet. Ich dachte, es wäre etwas mit meinem Bruder und ging nachsehen und da sah ich sie, wie sie das Haus stürmten." Sie trugen Masken vor den Gesichtern, erzählt Sundus weiter. "Wir konnten nichts mitnehmen, nur das, was wir anhatten, sonst nichts."

Auch für ihre Tante Sheherazada war das Erlebnis traumatisch. Die hübsche junge Frau mit dem zarten Gesicht hat in den Trümmern ihres Hauses alles verloren, ihre Papiere, ihre Kleider, ihren Schmuck. Das was sie an diesem Tag sah, würde sie nie wieder vergessen. Sie werde ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln noch davon erzählen, sagt Sheherazada. "Ich werde dieses Bild nie vergessen, wie wir versuchten, etwas von unserem Besitz aus dem Haus zu retten, wie wir zwischen den Pfützen umher liefen und wie sie sich uns gegenüber benahmen. Es war so erniedrigend."

Eine junge Palästinenserin(Foto: DW/Marx)
Auch die junge Sundus geht auf die Straße....Bild: DW/B.Marx

Jetzt gibt es hier nur noch Trümmer, die Überreste von sieben Häusern des Familienclans Abu Eid. Zwischen den Trümmern stehen sieben Zelte, eines pro Familie. 52 Kinder leben in diesen Zelten. Die Häuser wurden abgerissen, weil sie ohne Baugenehmigung errichtet worden waren, erklärt die Bürgerrechtsaktivistin Buthaina Dabid. Dies sei ein weit verbreitetes Problem in Israel, sowohl in der jüdischen als auch in der arabischen Bevölkerung. Abgerissen würden aber nur die Häuser der arabischen Bürger. In Lod und der Nachbarstadt Ramle waren das in den letzten 10 Jahren 150 Häuser. Die Menschen blieben dann ohne eine Bleibe, ohne eine alternative Lösung, ohne Entschädigung. "Das ist ein Verbrechen", sagt Dabid. "Das ist Verfolgung und nicht einfach nur Diskriminierung. Es geht hier darum, die arabische Bevölkerung in den gemischten Städten zu verfolgen und zu brechen." Und das geschehe auf besonders eindeutige Weise in Lod und Ramle.

Lod und Ramle sind gemischte Städte in der Nähe des internationalen Ben-Gurion-Flughafens. Sie blicken auf eine lange und prächtige Geschichte zurück, doch heute ist davon nicht mehr viel zu sehen. Vor allem Lod ist berüchtigt für seine schwierigen sozialen Strukturen, seine Armut, seine politische Korruption und für eine extrem hohe Kriminalitätsrate.

Proteste in Lod (Foto: DW/Marx)
...um gemeinsam mit den Anderen für ein Dach über dem Kopf zu kämpfenBild: DW/B.Marx

25 Prozent der rund 70.000 Einwohner der Stadt sind Araber. Viele von ihnen sind frühere Nomaden aus dem Negev. Sie wurden in den siebziger und achtziger Jahren von dort vertrieben und in Lod angesiedelt. Doch Häuser durften sie auf dem Land, auf dem sie sich niederließen, nicht bauen. So wie Riad Abu Eid, dessen Haus im Dezember zerstört wurde. Nun steht er vor den Trümmern und zeigt auf die andere Straßenseite. Dort, sagt er, wohnen mitten im Industriegebiet jüdische Israelis. "Das Land, das den Juden gehört, wird begradigt und darauf werden Fabriken gebaut und ähnliches", sagt Riad Abu Eid. "Das Land der Araber dagegen wird als landwirtschaftliches Land definiert und darf nicht bebaut werden. Da drüben steht ein Wohnhaus, daneben ist eine Schreinerei und gegenüber eine Garage, das nennt sich dann Industriegebiet und dazwischen ist das Land der Araber." Das sei landwirtschaftliches Gelände und darauf dürfe nicht gebaut werden.

Doch die arabischen Bürger von Lod lehnen sich gegen den Staat, der sich nicht um sie kümmert und sie diskriminiert, auf. Jeden Dienstag veranstalten sie eine Demonstration in ihrer Stadt. Sie fordern ein Dach über dem Kopf, Gleichberechtigung und Chancengleichheit.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Diana Hodali