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"Ende der Lizenz zum Töten"

23. November 2014

In Frankreich haben hunderte Menschen in mehreren Städten gegen Polizeigewalt demonstriert. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Grund der Proteste ist der Tod eines jungen Demonstranten vor einem Monat.

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Demonstranten in Toulouse zünden Mülleimer an (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Krawalle gab es im westfranzösischen Nantes und in Toulouse im Südwesten des Landes. Hier war vor einem Monat der 21-jährige Umweltschützer Remi Fraisse von einer Blendgranate der Polizei getötet worden. Fraisse hatte an einer Demonstration gegen einen unweit von Toulouse geplanten Staudamm teilgenommen.

Friedlicher Protest schlug in Gewalt um

Nach Angaben der Organisatoren versammelten sich am Samstag in Toulouse etwa 600 Menschen, die Polizei spricht von 450 Demonstranten. Auf Transparenten forderten sie: "Nein zum Staudamm von Sivens, nein zur Polizeigewalt" und ein "Ende für die Lizenz zum Töten".

Der Protestmarsch am Vormittag war friedlich verlaufen. Am Nachmittag versammelten sich hunderte Demonstranten zu weiteren, nicht genehmigten Protestaktionen. Auch hier blieb es weitgehend ruhig, einige Demonstranten tanzten und sangen. Als einige Teilnehmer versuchten, die Polizeiabsperrungen zu durchbrechen, setzte die Polizei Tränengas ein. Einige Aktivisten setzten Müllcontainer und Wartehäuschen in Brand. Nach Polizeiangaben wurden zwei Beamte durch Wurfgeschosse verletzt. Die Sicherheitskräfte, die mit einem Großaufgebot im Einsatz waren, nahmen mindestens 16 Personen fest.

Demonstranten verloren Augenlicht

Festnahmen gab es auch bei einer Demonstration in Nantes. Hier wurden nach Polizeiangaben 14 Personen in Gewahrsam genommen. Insgesamt 1200 Menschen hatten an einem Protestmarsch teilgenommen. Auf einem Transparent stand "Entwaffnet die Polizei". Der Marsch richtete sich zugleich gegen das massive Vorgehen der Polizei bei einer Demonstration von Flughafengegnern in Nantes im Februar. Dabei waren drei Demonstranten so schwer an den Augen verletzt worden, dass alle drei jeweils auf einem Auge erblindeten.

Auch in Nantes flogen nach Polizeiangaben Geschosse auf die Einsatzkräfte. Diese hätten daraufhin Tränengas und Wasserwerfer eingesetzt. Nach der Auflösung der Demonstration zündeten gewaltbereite Demonstranten Mülltonnen an und zerstörten das Schaufenster einer Bank.

In Paris kamen etwa hundert Menschen zusammen, um der Verlesung der Namen von Opfern von Polizeigewalt beizuwohnen. In insgesamt 20 Städten gab es Proteste, darunter auch in Bordeaux, Dijon, Grenoble, Marseille und anderen Städten.

Vorwürfe gegen Präsident Hollande

Rémi Fraisse war der erste Tote bei Protesten in Frankreich seit 1986. Der Vorfall löste einen Schock im Land aus. In der Folge gab es bei Protesten immer wieder Zusammenstöße mit der Polizei.

Gegen den Bau des Staudamms im Wald von Sivens rund 50 Kilometer nordöstlich von Toulouse gibt es seit Monaten Proteste. Mittlerweile wurde das Projekt auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Innenminister Bernard Cazeneuve untersagte der Polizei den Einsatz von Blendgranaten. Umweltministerin Ségolène Royal will bis Ende des Jahres eine dauerhafte Lösung für dieses Projekt finden. Gedacht ist der Staudamm, um Maisfelder zu bewässern. Umweltschützer halten das Projekt für überflüssig, da nur wenige Landwirte davon profitieren könnten.

Die Grünen werfen der sozialistischen Regierung von Präsident Francois Hollande vor, nicht angemessen auf den Tod von Fraisse reagiert zu haben. Zudem erklärten sie, Innenminister Cazeneuve habe zunächst die wahren Umstände von dessen Tod verheimlicht.

cw/ml (dpa, afp)