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Roma bleiben unerwünscht

14. Mai 2009

In der südserbischen Stadt Nis wurde eine Straße nach einem kürzlich verstorbenen Roma-Sänger benannt. Doch die Bürger protestieren. Ein Beleg für ethnische Intoleranz, die noch immer in Serbien weit verbreitet scheint.

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Folgenschwere Entscheidung der Stadtväter von NisBild: J. Sorges

Vor kurzem starb in Serbien der populäre Roma-Sänger Saban Bajramovic. Er war beliebt und auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Auf Beschluss des Stadtrates der südserbischen Stadt Nis wurde nun der Süd-Boulevard in Saban-Bajramovic-Boulevard umbenannt. Doch die Anwohner der Straße reagieren erzürnt auf die Umbenennung. Sie organisieren eine Unterschriftenaktion, die sie dem Stadtrat vorlegen wollen, damit ihre Straße wieder den alten Namen bekommt. Bei einer Protestaktion kam es sogar zu Ausschreitungen zwischen der Witwe Bajramovics und einer Gruppe von Gegnern des neuen Straßennamens.

Ethnische Intoleranz

Der Koordinator der Liga für die Dekade der Roma aus Nis, Osman Balic, sagte der Deutschen Welle, die gute Absicht der Stadtväter sei in ethnische Intoleranz umgeschlagen: „Wir haben gezeigt, wie wenig wir bereit sind, Andersartigkeit anzunehmen, wie groß die ethnische, moralische und kulturelle Distanz ist. Obwohl es in all den Jahren schien, dass die Kluft zwischen Serben und Roma nicht so groß ist. Dies uferte jetzt aus in einer Rassismus -emonstration der schlimmsten Art – einer balkanischen, einer serbischen Version des Rassismus.“

Das Problem sei nicht örtlich begrenzt, meint der Exekutivdirektor der Nicht-Regierungsorganisation „Komitee der Anwälte für Menschenrechte“, Milan Antonijevic. Dies sei nicht allein ein Problem der Stadt Nis, und die Schuld könne nicht nur einer Gruppe zugeschrieben werden. „Das Einfachste wäre, die Bürger von Nis anzuprangern, aber damit ist es nicht getan. Denn die Atmosphäre, die geschaffen wurde, betrifft nicht nur Angehörige der Roma, sondern auch andere Randgruppen.“ Dies sei auch die Folge ähnlicher Zwischenfälle in der Vergangenheit, auf die nicht entsprechend reagiert worden sei, so der Menschenrechtler.

Extreme Kräfte könnten profitieren

Osman Balic weist darauf hin, dass es bereits in der Vergangenheit in ganz Serbien Anti-Roma-Proteste gegeben habe, auf die Politiker verwirrend reagiert hätten: „Sie hatten nicht den Mumm, den Bürgern zu sagen, dass es sich um Rassismus handelt.“ Dieses Verschweigen der Wahrheit führe zu einer Koexistenz mit extremen Kräften. Das könne so weit gehen, dass bei den nächsten Wahlen erneut mit einer Koalitionsbildung auch mit rassistischen oder rechtsextremen Gruppierungen in Serbien zu rechnen sei, fürchtet Balic.

Vor allem die Roma-Frage scheint in Serbien die Bevölkerung auf die Straße zu treiben. Auf die zahlreichen politischen und finanziellen Affären in der Politik, reagieren die meisten Bürger ziemlich gelassen. Wenn allerdings Roma in die Nachbarschaft ziehen oder eine Straße nach einem Roma benannt werden soll, sind Petitionen, Protestversammlungen und Nachtwachen an der Tagesordnung.

Die Witwe von Saban Bajramovic hat inzwischen angekündigt, dass sie Nis verlassen und in eine tolerantere Gegend ziehen wolle. Osman Balic allerdings bezweifelt, dass sie so eine Gegend in Serbien oder anderswo auf dem Balkan finden werde. „In Bezug auf die Roma sind wir ein Minenfeld. Es wird sehr viel Zeit vergehen, bis ein Klima entsteht, in dem es keinen Chauvinismus oder Nationalismus geben wird“, sagt Balic.

Autor: Ivica Petrovic / Mirjana Dikic

Redaktion: Bernd Johann