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Tschads Ex-Diktator: Prozess mit Eklat

20. Juli 2015

Hissène Habré gilt als eines der brutalsten Staatsoberhäupter der jüngeren afrikanischen Geschichte. Politische Morde, Folter, Misshandlungen: Die Liste der Vorwürfe ist lang. Verantworten will er sich dafür nicht.

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Tschads Ex-Diktator Hissène Habré (Foto: AFP)
Bild: picture-alliance/AFP/Stringer

Gerade erst hatte das Verfahren gegen Tschads Hissène Habré im Senegal begonnen, da musste der ehemalige Diktator schon den Gerichtssaal verlassen. Laut Beobachtern hatte er den Prozess gegen ihn lautstark als Farce verurteilt. Sein Vorwurf: Das Gericht in der senegalischen Hauptstadt Dakar sei von den USA manipuliert. Habré hatte sich vorher geweigert, überhaupt zum Verfahren zu erscheinen und musste daher zwangsweise vorgeführt werden. Im Vorfeld kündete er außerdem an, das Gericht nicht anzuerkennen.

Es ist das erste Mal, dass ein afrikanischer Ex-Staatschef wegen Menschenrechtsverbrechen vor dem Gericht eines anderen afrikanischen Landes steht. Habré hatte von 1982 bis zu seinem Sturz 1990 im Tschad für Angst und Schrecken gesorgt. Das Sondertribunal der Afrikanischen Union (AU) wirft ihm Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Folter vor. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten wurden während seiner achtjährigen Diktatur 40.000 politische Gegner und Angehörige ethnischer Gruppen getötet. Außerdem habe das ehemalige Staatsoberhaupt Zehntausende Menschen foltern lassen. Beim Prozessauftakt erklärte eine Anwältin, 4445 Menschen zu vertreten, die in den Jahren von Habrés Herrschaft Opfer staatlicher Gewalt geworden seien.

Gerechtigkeit nach 25 Jahren

Nachdem der heutige Präsident Idriss Déby sich 1990 im Tschad an die Macht geputscht hatte, suchte Habré im Senegal Zuflucht. Das westafrikanische Land hat seitdem den Prozess jahrelang verschleppt. Erst seit dem Amtsantritt des senegalesischen Präsidenten Macky Sall im Jahr 2012 nahm der Fall Habré an Fahrt auf. Seit Juni 2013 steht er in Dakar unter Hausarrest.

Mehrere Anhänger des Ex-Staatschefs zeigten in der Eingangshalle des Gerichtsgebäudes ihren Unmut gegen den Prozess. Ein Unterstützer sagte, er sei "traurig" und "beschämt" über das Verfahren gegen den "Befreier des Tschad".

Die Pariser Zeitung "Libération" hingegen bezeichnete den Prozess gegen Habré als "Wendepunkt beim Kampf gegen Straflosigkeit". Menschenrechtsorganisationen haben sich fast 25 Jahre lang dafür eingesetzt, dass der Ex-Diktator sich nun vor Gericht verantworten muss.

An Habrés brutaler Diktatur waren westliche Mächte nicht ganz unschuldig. Sowohl Paris als auch Washington unterstützten den ehemaligen Staatschef. Sie hatten gehofft, er könne eine Vormacht von Libyens prosowjetischem Machthaber Muammar al-Gaddafi in Afrika verhindern. Mit Erfolg: Habrés Truppen schlugen 1983 Gaddafis Armee im Norden des Tschad. Zu dieser Zeit hatte Habré bereits die Macht in Tschads Hauptstadt N'Djamena übernommen - angeblich mithilfe des US-Geheimdienstes CIA und der französischen Regierung.

ms/rb (afp, dpa, epd)