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Prozess gegen Schreiber

18. Januar 2010

Packt er aus oder schweigt er? Der Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber steht in Augsburg wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe zum Betrug vor Gericht. Bisher streitet er alle Vorwürfe vehement ab.

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Karlheinz Schreiber mit Sonnenbrille (Foto: AP)
Karlheinz SchreiberBild: AP

Karlheinz Schreiber muss sich vor dem Landgericht Augsburg verantworten - wegen Steuerhinterziehung im ganz großen Stil. 13 Jahre lang war Karlheinz Schreiber auf der Flucht vor der deutschen Justiz. Schon 1997 war gegen ihn Haftbefehl erlassen worden wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Zu dem Zeitpunkt hatte sich Schreiber bereits in die Schweiz abgesetzt. Später konnte er aufgrund seines kanadischen Passes nach Kanada flüchten. Im Jahr 2000 erhob die Augsburger Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn und beantragte die Auslieferung nach Deutschland. Dagegen setzte sich Schreiber fast zehn Jahre lang mit allen juristischen Mitteln zur Wehr.

Im August 2009 wurde der Waffen-Lobbyist schließlich doch ausgeliefert und nach Augsburg gebracht. Seitdem sitzt er dort in Untersuchungshaft. Inzwischen liegt dem Gericht nach Angaben der Augsburger Staatsanwaltschaft ein Schreiben vor, in dem Schreiber sämtliche Vorwürfe bestreitet. Allerdings seien diese Ausführungen "für uns nicht schlüssig", ließ der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz verlauten.

Steuerhinterziehung und Beihilfe zum Betrug

Karlheinz Schreiber wird von kanadischen Polizisten abgeführt und den deutschen Behörden übergeben (Foto: DPA)
Abgeführt und...Bild: picture-alliance/ dpa

Von 1988 bis 1993 hatte Schreiber zwischen der Bundesregierung und der Industrie bei Flugzeug- und Panzerverkäufen vermittelt. Dass er dabei Steuern hinterzogen haben soll, leugnet er. Er habe von 1989 bis 1992 insgesamt 17 Millionen DM Beratungshonorare bekommen und in Deutschland versteuert, von Thyssen und von anderen Industrieunternehmen, sagte er vor gut zehn Jahren. Das sieht die Augsburger Staatsanwaltschaft anders. Neben Steuerhinterziehung wirft sie ihm auch Beihilfe zum Betrug vor. Dabei geht es um einen umgerechnet rund 100 Millionen Euro-Panzerhandel zwischen der deutschen Firma Thyssen und saudi-arabischen Geschäftspartnern im Jahr 1991.

Bei der Lieferung von 36 Fuchs-Spürpanzern sollen Schmiergelder an Mitglieder des Verteidigungsministeriums geflossen sein, unter anderem an den damaligen Verteidigungs-Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls von der CSU. Dieser wurde 2005 zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, nachdem er gestanden hatte, von Schreiber zwei Millionen Euro für ein Panzergeschäft mit Saudi-Arabien angenommen und nicht versteuert zu haben. Welche genaue Rolle Schreiber bei diesem Handel spielte, das möchte die Staatsanwaltschaft jetzt herausfinden. Denn eine ganz wichtige Frage bleibt unbeantwortet: Wenn Schreiber, so wie er immer wieder betont, eine reine Weste hat, warum flüchtete er dann erst in die Schweiz und von dort nach Kanada?

Indirekter Auslöser der CDU-Parteispenden-Affäre

Karl-Heinz Schreiber telefoniert auf der Treppe stehend mit dem Handy (Foto: AP)
... angeklagtBild: AP

Während seiner Tätigkeit als Waffenlobbyist hat Schreiber verschiedenen deutschen Parteien Geldspenden zukommen lassen. Das hat er auch selber zugegeben. 30 Jahre lang habe er der CSU, der CDU und der SPD Geld gespendet. Ende 1999 lösten diese Spendengelder ein politisches Erdbeben in Deutschland aus. Der frühere Schatzmeister der CDU, Walter Leisler Kiep, gesteht, dass er von Schreiber über eine Million D-Mark als Spende angenommen und nicht versteuert hat. Dadurch kommt die sogenannte CDU-Spendenaffäre ans Licht.

Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl übernimmt die politische Verantwortung für verdeckte Parteikonten und gibt zu, zwischen 1993 und 1998 rund zwei Millionen D-Mark Spenden erhalten zu haben, ohne diese als Parteispenden auszuweisen. Außerdem räumt der damalige CDU-Chef und heutige Finanzminister Wolfgang Schäuble ein, von Schreiber 1994 eine Bar-Spende von 100.000 D-Mark angenommen und nicht als solche verbucht zu haben. Daraufhin tritt Schäuble von seinem Amt als CDU-Parteivorsitzender zurück, Kohl legt seinen CDU-Ehrenvorsitz nieder.

Schweigt er oder packt er aus?

Schreiber beobachtet das alles von Kanada aus. Er fühlt sich vor allen Dingen von seinen CSU-Parteifreunden im Stich gelassen. 2001 grollt er über den Atlantik, seine CSU habe nicht dafür gesorgt, dass die Vorwürfe gegen ihn fallengelassen werden.

Die Parteispenden-Affäre steht nicht im Vordergrund des Prozesses gegen Schreiber. Aber dieser hatte vor seiner Auslieferung nach Deutschland im vergangenen Sommer immer wieder gedroht, er werde im Falle eines Prozesses auspacken - über Machenschaften der Politik und der Wirtschaft. Sind das alles nur leere Drohungen oder kommen jetzt pikante Details ans Licht? Bis Mitte Mai soll der Prozess gegen Schreiber vor dem Landgericht Augsburg dauern. Laut Staatsanwaltschaft ist eine Gesamtstrafe von sechs Monaten bis 15 Jahren Haft möglich.

Autorin: Anja Fähnle

Redaktion: Kay-Alexander Scholz