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Geldraub-Prozess beginnt

Matthias Klein11. Juni 2007

In London hat der Prozess zu dem größten Geldraub in der Geschichte Großbritanniens begonnen. Im Februar 2006 erbeuteten die Täter beim Überfall auf ein Depot in Tonbridge 53 Millionen Pfund (78 Millionen Euro).

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Gestohlene Banknoten in Kisten. Quelle: AP
Kistenweise Geld: Die Polizei hat bislang allerdings weniger als die Hälfte der gestohlenen 53 Millionen gefunden.Bild: AP

Der legendäre Postzugräuber Ronnie Biggs ist auch heute noch international bekannt. Er stahl im Jahr 1963 Banknoten im Wert von 2,6 Millionen Pfund. Eine geradezu lächerlich geringe Summe – wenn man sie mit der Beute des größten Geldraubs in der Geschichte Großbritanniens vergleicht. Im Februar 2006 entwendeten Räuber aus einem Depot in Tonbridge 53 Millionen Pfund (78 Millionen Euro). Bislang fanden die Ermittler weniger als die Hälfte der Riesensumme.

Täter entführten Manager und Familie

Die Täter überfielen ein Depot des schwedischen Sicherheitsunternehmen Securitas in Tonbridge, etwa 30 Kilometer südöstlich von London. Die Bande ging dabei ungewöhnlich vor. Mehrere als Polizisten verkleidete Männer stoppten den Depot-Manager Colin Dixon, als er von seiner Arbeitsstelle nach Hause fuhr. Er schöpfte keinen Verdacht und stieg ins das Auto der vermeintlichen Polizisten ein. Dort überwältigten ihn die Entführer.

Zur selben Zeit klingelte eine zweite Gruppe an der Haustür der Dixons in Herne Bay, wo die Frau des Managers und sein acht Jahre alter Sohn auf seine Rückkehr warteten. Der Frau berichteten die vermeintlichen Beamten von einem Unfall ihres Mannes. Das Täuschungsmanöver gelang auch hier: Die Dixons verließen das Haus und wurden mitten im Feierabendverkehr mit mehreren Fahrzeugen zu einem abgelegenen Haus gebracht.

Geld mit Lastwagen abtransportiert

Dort drohten die Entführer der Familie Gewalt an, sollte Colin Dixon der Bande nicht Zugang zu dem Gelddepot verschaffen. Mit Hilfe des Managers drangen die Räuber dann in das Depot ein. Sechs schwerbewaffnete Mitglieder der Bande überwältigten in kürzester Zeit die 14 Sicherheitsangestellten und luden das erbeutete Geld in einen 7,5-Tonnen-Lastwagen.

Es dauerte danach eine ganze Stunde, bis sich ein gefesselter Angestellter befreien und die Polizei alarmieren konnte. Nach dem Überfall wurden die Dixons unversehrt freigelassen. "Das waren traumatische Qualen für den Depotmanager, seine Familie und die Angestellten", erklärte Detective Superintendent Paul Gladstone. "Wir können dankbar sein, dass niemand verletzt wurde."

Colin Dixon veröffentlichte wenige Tage nach der Entführung eine Erklärung, in der er von der schlimmsten Nacht im Leben seiner Familie sprach. "Der Schrecken darüber, was geschehen ist und das Grauen darüber, was hätte geschehen können, ist bei uns in jedem wachen Moment", schrieb er. "Bei diesem Verbrechen ging es für uns nicht um Geld, es ging ums Überleben."

Angeklagte bestreiten Vorwürfe

Nun folgt die juristische Aufarbeitung des Aufsehen erregenden Verbrechens. Vor dem zentralen Strafgerichtshof Old Bailey in London müssen sich sieben Männer und eine Frau verantworten. Am Montag (11.06.07) fand eine erste Anhörung zu Verfahrensfragen statt. Bis der Prozess voll in Gang kommt, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen.

Nach einer Beratung der beteiligten Juristen wurde eine weitere Anhörung um zwei Wochen verschoben. Ursprünglich sollte die Hauptverhandlung mit dem Verlesen der Anklage am 18. Juni beginnen. Für den Prozess wurde eine Verhandlungszeit von etwa vier Monaten angesetzt. Mit Spannung wird erwartet, ob es der Staatsanwaltschaft in dem langwierigen Prozess gelingt, eine Verurteilung der mutmaßlichen Geldräuber zu erreichen. Die Beschuldigten hatten die Vorwürfe zurückgewiesen.

Als mutmaßlicher Kopf der Geldräuber wird der 58-jährige Autohändler John Fowler in dem Prozess vor Gericht stehen. Mehrere mutmaßliche Täter sind flüchtig. Ein 28-jähriger Verdächtiger wurde in Marokko festgenommen und soll demnächst an die britische Polizei ausgeliefert werden.