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Putins Überraschungscoup

1. Oktober 2007

Russlands Präsident hat seine Spitzenkandidatur für die Parlamentswahlen im Dezember angekündigt. Er könnte sogar Ministerpräsident werden - mithilfe eines neuen Präsidenten. Wer das sein könnte, wird immer deutlicher.

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Wladimir Putin, Nahaufnahme (Quelle: AP)
Wladimir Putin: vom Kreml ins Parlament - und wieder zurück? (Archivbild)Bild: AP

Vor den Delegierten der Partei Geeintes Russlands gab Putin am Montag (01.10.2007) in Moskau überraschend bekannt, bei der Parlamentswahl am 2. Dezember die Liste anzuführen. Er nehme den Vorschlag für die Spitzenkandidatur mit Dank an, sagte Putin. Eine Anregung, dass er im nächsten Jahr das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen könnte, sei "völlig realistisch", fügte er hinzu. Es sei aber noch zu früh, jetzt schon darüber nachzudenken.

Beobachter halten Änderungen im politischen System Russlands für denkbar, bei denen die Machtfülle des Präsidenten zugunsten des Ministerpräsidenten in einer Art Tandem-Lösung beschnitten werden könnte. Die Verfassung untersagt Putin nach zwei Amtszeiten die Kandidatur bei der nächsten Präsidentenwahl am 2. März 2008. Putin, dessen Amtszeit im Mai endet, sprach sich dafür aus, "eine anständige, kompetente, moderne Person" zu seinem Nachfolger zu wählen. Als möglicher Kandidat gilt Viktor Subkow, der im September zum Ministerpräsidenten ernannt wurde.

Tandem mit neuem Präsidenten

Viktor Subkow (Quelle: AP)
Subkow war erst im September zum Ministerpräsidenten ernannt worden (Archivbild)Bild: AP

Mit einem geeigneten Präsidenten könnte er in einem Tandem arbeiten, sagte Putin. Subkow hatte sich selbst als Nachfolgekandidat ins Gespräch gebracht. Beobachter vermuteten danach, dass Subkow nach einer möglichen Wahl zum Präsidenten aus Altersgründen vorzeitig abtreten könnte, um damit Putin wieder die Rückkehr ins Präsidentenamt zu ermöglichen.


Putins Ankündigung wurde von den Parteitagsdelegierten mit lautem Jubel quittiert. Die Partei Geeintes Russland erhielt bei der letzten Wahl der Staatsduma im Dezember vor vier Jahren 311 der 450 Mandate. Angesichts von Putins Spitzenkandidatur wird es nun für möglich gehalten, dass die Partei bei der Wahl eine Zweidrittelmehrheit erreichen kann und damit die Möglichkeit für Verfassungsänderungen hätte.

Neue Machtverteilung

In Russland hatte es seit Monaten Spekulationen um Putins politische Zukunft gegeben. Der Kremlchef hatte stets erklärt, weiter auf die Politik des Landes Einfluss nehmen zu wollen. Die Mehrheit der Russen hätte laut Umfragen einer Verfassungsänderung zugestimmt, um Putin eine dritte Amtszeit als Präsident zu ermöglichen. Der Kremlchef lehnte dies stets ab, hatte aber zuletzt eine Rückkehr als Präsident nach einer Pause nicht mehr ausgeschlossen.

Die Entscheidung Putins bedeute, dass sein Nachfolger "kein Zar" sein werde, sagte der Kreml-Experte Gleb Pawloswski in einem Kommentar für den Radiosender "Echo Moskau". "Es wird ein neues Einflusszentrum außerhalb des Kremls geben." (rri)