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Putins Alleingänge

9. Dezember 2004

Der russische Präsident Wladimir Putin hat seine Machtbefugnisse erheblich erweitert und sich direkten Einfluss in den russischen Regionen gesichert. Auch in der Wirtschaft mischt er kräftig mit.

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Kommen die Sowjetzeiten langsam zurück?Bild: transit-Archiv

Die Gouverneure der russischen Regionen werden künftig vom Präsidenten ernannt und nicht mehr direkt vom Volk gewählt. Dem neuen Modus zufolge ernennt Putin einen Kandidaten für das Amt des Gouverneurs, und die Regionalparlamente müssen die Nominierung bestätigen. Lehnen die Abgeordneten den Vorschlag zwei Mal ab, kann der Präsident einen neuen Kandidaten nominieren, einen amtierenden Gouverneur einsetzen oder das Parlament auflösen. Bislang wurden die Regionalgouverneure und Präsidenten der Republiken zumindest auf dem Papier frei und direkt gewählt.

Kampf gegen Terror?!

Nach der Duma billigte am 8. Dezember 2004 auch das Oberhaus eine entsprechende Vorlage des Kremls. Mit der Zustimmung des Föderationsrates - es gab nur eine Gegenstimme und zwei Enthaltungen - hat das Gesetz die letzte parlamentarische Hürde genommen. Das Gesetz muss nur noch von Putin unterzeichnet werden, um in Kraft zu treten. Außerdem verabschiedete der Föderationsrat ein Gesetz, das die Anerkennung einer politischen Gruppierung als Partei erschwert. Die mindestens erforderliche Mitgliederzahl wird demnach von 10.000 auf 50.000 heraufgesetzt. Die Vorlage wurde einstimmig angenommen.

Putin hatte die Reformpläne als Reaktion auf die Geiselnahme von Beslan vorgestellt und dies mit der Stärkung des Staates im Kampf gegen den Terrorismus begründet. Das Gesetz stehe im Einklang mit der russischen Verfassung, sagte Föderationsrats-Präsident Sergej Mironow. Das Vorhaben war international und bei der Opposition in Russland auf scharfe Kritik gestoßen. Kritiker werten die Reform als Schwächung der Demokratie. Sie diene in erster Linie dazu, die Macht von Präsident Wladimir Putin zu vergrößern.

Wirtschaft putinfreundlich umgestaltet

2004 dürfte auch als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem der Kreml die Schlüsselbranchen der Wirtschaft - wie Energie und Rüstung - wieder verstärkt unter seine Kontrolle gebracht hat. Prominentestes Beispiel: die Zerschlagung des Ölgiganten Yukos. Die Zwangsversteigerung der Yukos-Produktionseinheit Juganskneftegas zur Deckung der Steuerschulden in der Höhe von rund 15 Milliarden Euro dürfte das Ende des einstigen Vorzeigeunternehmens bedeuten. Ohne "Grünes Licht" aus dem Kreml braucht sich kein Käufer Hoffnung auf einen Zuschlag am 19. Dezember zu machen.

Präsident Wladimir Putin statuierte an Yukos ein Exempel für die Großindustrie: Zahlt Steuern, aber haltet euch aus der Politik raus! Zugleich haben der Kreml und die "Silowiki", die Geheimdienstler in Putins Umkreis, ihren Einfluss in der Wirtschaft auch personenmäßig verstärkt: Bei Aeroflot, dem staatlichen Ölkonzern Rosneft und dem Atombrennstab-Hersteller TWEL leiten seit neuestem Kreml-Beamte mit Geheimdiensthintergrund die Aufsichtsräte. Putins Stabschef Dmitri Medwedjew bekleidet den selben Posten bei Gasprom.

Experten befürchten, dass diese neue Politik die Reformen zum Stillstand bringt und die wirtschaftliche Entwicklung bremst. Erste Anzeichen gibt es bereits: Seit Herbst hat sich das Wachstum merklich abgeschwächt. Vor allem das verlangsamte Wachstum bei Investitionen bereitet den Experten Sorgen. Die Unsicherheit zeigt sich auch in starken Bewegungen auf dem Aktienmarkt. Die russische Wirtschaftszeitung "Wedomosti" befürchtet, dass der Fall Yukos kein Einzelfall war. (arn)