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Putins Bewunderer

Daniel Scheschkewitz16. September 2004

Nicht überall hat Demokratie die höchste Priorität. Wenn Russlands Präsident Putin im Kampf gegen die Terroristen eine demokratische Rolle rückwärts ausführt, löst das in Washington nur Stillschweigen aus.

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Als Präsident Bush am vergangenen Sonntag ganz demonstrativ in die russische Botschaft ging, um nach dem Terroranschlag von Beslan zu kondolieren, gab er dem Botschafter noch schnell ein paar Grüsse an Präsident Putin mit auf den Weg: “Bitte richten sie dem Präsidenten meine besten Wünsche aus, er ist ein Mann, den ich bewundere.“ Sagte Bush. Daran hat offenbar auch der Umstand nichts ändern können, dass Vladimir Putin nur einen Tag später eine umfassende Rolle rückwärts bei der Demokratisierung seines Landes ankündigte. Die bisher gewählten Gouverneure sollen künftig von Moskau ernannt werden, als wolle Putin der sowjetischen Formel vom demokratischen Zentralismus noch einmal zu neuem Glanz verhelfen.

Daniel Scheschkewitz
Daniel Scheschkewitz

Powell säuselt, Bush schweigt

Präsident Bush, der sich ansonsten gerne zum weltweiten Vorreiter für Demokratie und Menschenrechte stilisiert, blieb merkwürdig still. Kein Wort der Kritik, nur beredtes Schweigen. Denn Putin rechtfertigte die nach Ansicht von Experten bereits von langer Hand vorbereiteten Maßnahmen natürlich mit der Anti-Terrorbekämpfung. Und da gilt er dem Chef im Weißen Haus als treuer und wichtigster Verbündeter. Lediglich Außenminister Powell, der in der Bush-Administration ohnehin nur noch ein Schattendasein fristet, durfte ein paar mahnende Worte sprechen. So verständlich die Anstrengungen Russlands auch seien, den Terror zu bekämpfen, solle man dabei doch die Balance, sprich die demokratische Richtung, einhalten. Doch was Bush wirklich denkt, durften mal wieder seine beiden Falken Rumsfeld und Cheney aussprechen.

Nur der Anti-Terror-Kampf zählt

Rumsfeld verglich - nach dem Massaker von Beslan - das harte Vorgehen der Russen gegen die Separatisten in Tschetschenien ausdrücklich mit dem Krieg der Amerikaner im Irak. Und in der in dieser Regierung üblichen Art Äpfel mit Birnen zu vergleichen, sekundierte Vizepräsident Cheney, es sei wichtig, dass beide Länder im Kampf gegen den Terror "in der Offensive blieben“. Es blieb dem Leitartikler in der "Washington Post“ vorbehalten, darauf hinzuweisen, dass ein russischer Staat der zu diktatorischen Verhältnissen zurückkehrt wohl kaum im Sicherheitsinteresse der USA liegen könne.

Dass die restaurativen Reformen des Vladimir Putin außerdem wohl kaum geeignet sein dürften, die Sicherheit der Russen vor Terroranschlägen zu erhöhen, scheint in der US-Regierung niemanden zu stören. Schließlich versucht man ja auch der eigenen Bevölkerung weis zu machen, der Krieg im Irak habe die USA sicherer gemacht. Immerhin fand der demokratische Präsidentschaftsbewerber, John Kerry, in diesem Punkt zur Abwechslung einmal deutliche Worte.

Kerrys Putin-Kritik

Er zeigte sich "tief beunruhigt über die fortgesetzten Bemühungen Präsident Putins, die demokratischen Freiheiten zu beschränken und die Macht zu zentralisieren.“ Russland, so Kerry weiter, “sei ein viel effektiverer Partner im Kampf gegen den Terror, wenn es sich als Rechtstaat erweise, der die Menschenrechte schütze, inklusive der in Tschetschenien.“ Fragen von Journalisten, wie denn Präsident Bush die Entwicklung in Russland beurteile, beschied sein Pressesprecher mit einer diplomatischen Standardformel. Das sei eine innere Angelegenheit Russlands und in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten mische man sich nicht ein. Einige Kollegen konnten hier das Lachen nur mühsam unterdrücken.