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Putins Operation Nachfolger hat begonnen

Ingo Mannteufel14. November 2005

Die Entscheidung des russischen Präsidenten, Dmitri Medwedew und Sergej Ivanow zu befördern, kam etwas überraschend. Zwei Schlussfolgerungen lassen sich trotzdem schon ziehen.

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Der erste Mann in MoskauBild: AP

Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Montag (14.11.2005) seinen bisherigen Stabschef, Dmitri Medwedew, zum ersten Stellvertreter des Regierungschefs und Verteidigungsminister Sergej Iwanow zum Vize-Regierungschef ernannt.

Fradkow in der Kritik

Der Stuhl von Ministerpräsident Michail Fradkow wackelt damit erheblich. Seit seiner Ernennung galt Fradkow als Technokrat, der ohne eine eigene politische Machtbasis pflichtschuldig die Anweisungen des Präsidenten ausführen sollte. Mehrmals - insbesondere für die misslungene Umwandlung der sozialen Sachleistungen in Geldleistungen Anfang des Jahres - ist Fradkow für seine Amtsführung in Kritik geraten.

Gerüchte über eine baldige Entlassung gab es das ganze Jahr über. Mit Dmitri Medwedew als seinen ersten Stellvertreter hat Fradkow nun ein politisches Schwergewicht in seine Regierungsmannschaft bekommen, der ihm schnell Konkurrenz machen wird. Medwedew ist nicht nur Freund und langjähriger Vertrauter von Präsident Putin. Vielmehr hat er als dessen Stabschef vor allem durch Personalentscheidungen auf allen Staatsebenen Putins politische Ordnung und die "Putin-Elite" in den vergangenen Jahren entscheidend gestaltet.

Mehr für Medwedew?

Nicht zu vergessen ist auch, dass Medwedew den staatlichen Gaskonzern Gasprom und damit die entscheidende Größe in der russischen Wirtschaft kontrolliert. Die heutige Ernennung zum ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten könnte für Medwedew nur eine Zwischenstufe zum Amt des Ministerpräsidenten sein, aber auch für noch mehr.

Ein zweiter Schluss von Putins aktuellen Personalentscheidungen ist, dass der Kreml die Operation Nachfolger begonnen hat. Präsident Putin darf laut Verfassung im Jahr 2008 nicht mehr bei den Präsidentenwahlen antreten. Seit Monaten kursieren mehrere Szenarien für die Präsidentenwahlen 2008. Darunter das Szenario, dass Putin entgegen seiner bisherigen Äußerungen die Verfassung ändern lässt. Ein zweites Szenario war jedoch die kontrollierte Übergabe der Macht Putins an einen populären Nachfolger, der dann ähnlich wie Putin in einer Präsidentenwahl durch Aufbietung aller administrativen Ressourcen gewählt werden würde. Der Jurist Dmitri Medwedew - wie übrigens auch Verteidigungsminister Sergej Iwanow - galt bei diesem zweiten Szenario schon seit langem als ein heißer Kandidat für Putins Nachfolge. Auch weil Medwedew unterstellt wird, dass er als guter Organisator und Pragmatiker den bisherigen Kurs von Präsident Putin fortsetzen wird.

Wer wird 2008 Präsident?

Der Wechsel aus den Hinterzimmern der Macht im Kreml in die politische Öffentlichkeit der russischen Regierung lässt nun stark eine Vermutung zu: Dmitri Medwedews Qualitäten als möglicher nächster Präsident Russlands sollen in hervorgehobener Position der Exekutive getestet werden. Denn als erster stellvertretender Ministerpräsident wird er viel stärker als bisher im Rampenlicht der nationalen und internationalen Öffentlichkeit stehen. Er dürfte auch in nächster Zeit in seiner neuen Funktion wichtige nationale Projekte betreuen. Ebenso könnte Medwedew durch verstärkte Auslandsreisen auf der internationalen politischen Bühne eingeführt werden, um Profil und Vertrauen zu gewinnen. Für eine endgültige Antwort auf die Frage, ob Medwedew oder Iwanow 2008 Präsident werden, ist es jedoch heute noch zu früh.