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Politik

Putins Wunschliste für Trump

Roman Goncharenko
13. Januar 2017

Vor der Amtseinführung von Donald Trump schwankt die Stimmung in Moskau zwischen Euphorie und Zurückhaltung. Moskau will einen Neustart mit Washington - aber wie?

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Masken von Putin und Trump in Sankt Petersburg
Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Lovetsky

Es ist der 17. Dezember 2015: Nach seiner Jahrespressekonferenz beantwortet Wladimir Putin auf dem Weg zum Ausgang noch ein paar Fragen. Ein Journalist fragt ihn nach Donald Trump. "Er ist ein sehr markanter Mensch, zweifellos talentiert", sagt Russlands Präsident und nennt den US-Milliardär "einen absoluten Anführer im Präsidentschaftswahlkampf". Zu diesem Zeitpunkt liegt Trump in Umfragen bei den Republikanern vorn. "Er spricht davon, in den Beziehungen zu Russland auf eine andere, tiefgründigere Ebene zu gehen", sagt Putin. "Wie könnten wir das nicht begrüßen? Natürlich begrüßen wir das." Trump revanchiert sich einen Tag später. Es sei eine große Ehre, von einem Mann gelobt zu werden, "der im eigenen Land und im Ausland so hoch respektiert wird". 

Trump zunehmend unter Druck

Seit diesem Austausch von lobenden Worten zwischen dem Kremlchef und dem New Yorker Immobilienmilliardär ist viel passiert. Trump gewann die Wahl und wird am 20. Januar vereidigt. Bereits im Wahlkampf wurde er von Medien und seiner politischen Gegnerin, der früheren US-Außenministerin Hillary Clinton, als "Marionette Putins" bezeichnet. Hintergrund war seine Kreml-freundliche Rhetorik, aber auch diverse Kontakte seines Umfelds nach Moskau. Trump und Russland taten dies als "Schwachsinn" und Wahlkampfrhetorik ab.

Nach der Wahl setzten neue Vorwürfe Trump unter Druck. US-Geheimdienste beschuldigten Putin persönlich, einen Hackerangriff auf die Demokratische Partei angeordnet zu haben, um Clinton zu schaden. Trump gab inzwischen zu, Russland sei für den Cyberangriff verantwortlich. Der künftige Präsident bestreitet aber, jegliche Beziehungen zu Russland zu haben und erpressbar zu sein, was in einem brisanten aber unbestätigten Dossier behauptet wird.

Der Kreml wartet ab

Als der republikanische Kandidat gewonnen hat, gab es in Russland euphorische Reaktionen. In der Duma, dem Abgeordnetenhaus, wurde applaudiert. Der Rechtspopulist Wladimir Schirinowskij schenkte Champagner ein. "Ja, wir haben drei Tage gefeiert", scherzte Putins Pressesprecher, Dmitrij Peskow, in einer Fernsehsendung Ende Dezember. Die Euphorie nach Trumps Sieg sei unerklärlich - und doch verständlich. Alle seien so ermüdet vom "Unsinn" aus Washington in Bezug auf Russland, dass "jegliche Hoffnung auf etwas Positives" euphorisch mache.

Obst und Gemüse Abteilung in einem Supermarkt in Moskau (Copyright: DW/E. Samedowa)
Die Folgen der Sanktionen sind auch in den Supermärkten zu spüren: Bestimmte Lebensmittel gibt es nicht mehrBild: DW/E. Samedowa

In Moskauer Diplomatenkreisen habe es keine große Euphorie gegeben, will Alexej Wenediktow wissen, Chefredakteur des renommierten Radiosenders "Echo Moskwy". "Die Profis wussten, dass es das Spiel für uns schwieriger macht", sagte der Journalist im eigenen Sender. Russland solle sich aus zwei Gründen vor Trump in Acht nehmen. Zum einen werde Washington eine "sehr reaktionäre Politik" betreiben. Zum anderen sei Trump "sehr impulsiv". Vor diesem Hintergrund übe sich der Kreml in Zurückhaltung und warte ab, meint Wenediktow.

Putin will Respekt

In der Tat war Putin zurückhaltend. Es gab zwei schriftliche Botschaften an Trump aus Moskau, eine Gratulation nach dem Sieg und einen Weihnachtsgruß, sowie ein Telefonat. Ein persönliches Treffen wird offenbar angestrebt, Datum und Ort stehen noch nicht fest.

Eine zentrale Aussage Putins in Richtung Trump bleibt seit Monaten gleich: Russland sei zu einer Wiederherstellung der Beziehungen mit den USA bereit. Und: Nicht Moskau sei schuld daran, dass sie an einem Tiefpunkt sind. 

Darüber, wie eine Annäherung aussehen könnte, kann man derzeit nur spekulieren. Wer die Äußerungen Putins analysiert, findet ein Wort, das besonders oft fällt: Respekt. Der Kremlchef warf Washington mehrmals vor, Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion nicht genug respektiert zu haben.

Ziel teilweise erreicht  

Alexej Kudrin, ehemaliger Finanzminister und einst enger Vertrauter Putins, formulierte es auf einer Tagung in New York im November so: "Ich glaube, Putin möchte, dass man mehr auf Russland hört." Es gehe um Weltereignisse, bei denen russische Interessen betroffen seien. Das Ziel, sich mehr Gehör zu verschaffen, habe Putin bereits teilweise erreicht, sagte Kudrin und deutete die Folgen des russischen Vorgehens in der Ukraine und Syrien an.

Ganz oben auf Putins Wunschliste für Trump dürfte die Aufhebung der Sanktionen stehen, die 2014 nach dem russischen Vorgehen in der Ukraine eingeführt wurden. Allerdings gehe Moskau davon aus, dass dies nicht schnell passieren würde, ließ der Kreml durchblicken. Auch die Anerkennung der Krim-Annexion durch Russland scheint ein Ziel zu sein, das Moskau am Herzen liegt. Beides hängt zusammen und Trump zeigte sich im Wahlkampf bereit, darüber zu sprechen.

NATO soll sich von Russland fernhalten

Beim Thema Ukraine ist es nicht ausgeschlossen, dass Moskau die neue Regierung in Washington in direkte Gespräche einbinden wird. In der russischen Politik herrscht in einem Punkt unverblümt ausgesprochene Einigkeit: Russland möchte US-Garantien bekommen, dass die Ukraine niemals in die NATO aufgenommen wird.

Insgesamt wünscht sich Russland seit Jahren, dass sich die NATO von seinen Grenzen fernhält. Das gilt auch für den Raketenschutzschirm in Osteuropa, dessen Aufbau Moskau kritisiert. Doch auch hier wie bei den Sanktionen sind die Erwartungen in Russland wohl niedrig. Man habe Verständnis dafür, dass es nicht sofort passieren würde, sagte Putins Sprecher Peskow.

Rückkehr zu Einflusssphären

Im Fall der Ukraine möchte Russland außerdem, dass auch ihre Annäherung an die Europäische Union vorher mit Moskau abgestimmt wird. Das gilt wohl auch für andere ehemalige Sowjetrepubliken wie Georgien oder Moldau.

Auch wenn es offiziell nicht so formuliert wird, geht es Putin offenbar um ein stärkeres Mitspracherecht bei der Lösung diverser Weltprobleme, wie etwa in Syrien, und um eine Art Vetorecht, wenn es um die unmittelbare Nachbarschaft Russlands geht. Im Grunde genommen wäre das eine Rückkehr zur Politik der Einflusssphären.

Was bietet Putin Trump an?

Viele Experten rätseln seit Monaten, was Putin als eine Art Gegenleistung Trump anbieten könnte. Klarheit darüber gibt es nicht. In einer Frage bietet sich Russland den USA immer wieder als Partner an: im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Es ist ein Thema, bei dem Trump und Putin rhetorisch sehr nah seien, so die Einschätzung in Moskau. Das lasse hoffen.