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Rösler geht gegen Pharmamonopol vor

10. März 2010

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler will die Arzneimittel-Industrie per Gesetz zu Preisverhandlungen zwingen. Dadurch sollen Medikamente billiger werden. Der Opposition geht das nicht weit genug.

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Philipp Rösler (Foto: AP)
Bundesgesundheitsminister Philipp RöslerBild: AP

Um die Kosten im Gesundheitswesen zu senken, hat Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler einen harten Umgang mit den Arzneimittelherstellern angekündigt. Der "Bild"-Zeitung sagte der FDP-Politiker am Mittwoch (10.03.2010), er werde die Pharmafirmen in Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen zwingen. "In Deutschland sind viele Medikamente zu teuer", kritisierte Rösler.

Gerade bei neu entwickelten Medikamenten gibt es keinerlei Verhandlungen zwischen Herstellern und Krankenkassen. Dies will Rösler ändern: "Ich sorge dafür, dass Pharmahersteller und Kassen zukünftig kurz nach Markteinführung eines Medikamentes über den Preis verhandeln." Auch soll der Zusatznutzen von Medikamenten vor einer Markteinführung belegt werden: "Wenn Hersteller ihre Produkte auf den Markt bringen, müssen sie zudem über eine Studie den Zusatznutzen für Patienten wissenschaftlich belegen. Das wird dann noch mal genau geprüft. So können wir erkennen, ob es schon vergleichbare Medikamente gibt." Eine kurzfristige Kostenersparnis will Rösler durch "Zwangsrabatte und Preismoratorien" erreichen. Zahlen nannte Rösler nicht. Er gehe aber von Einsparchancen in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro aus.

Zustimmung bei der Union

Symbolbild (Foto: DW)
Teure Medikamente?Bild: picture-alliance / dpa

Philipp Rösler will seine Pläne in Kürze den Koalitionsfraktionen vorstellen. "Dann geht es los. Spätestens bis Ende des Jahres soll das Gesetz kommen". Langfristig will Rösler strukturelle Änderungen herbeiführen: "Um dauerhaft Verbesserungen zu erzielen, müssen wir an die Struktur des Arzneisystems herangehen."

Der Koalitionspartner CDU/CSU begrüßt die Pläne Röslers, wie Jens Spahn (CDU), Mitglied im Gesundheitsausschuss, im "ZDF-Morgenmagazin" erklärte: "Krankenversicherte haben einen Anspruch darauf, dass effizient mit Geldern umgegangen wird." Die von Rösler anvisierte Systemänderung hält Spahn für angebracht, wie er bei NDRInfo sagte: "Es ist grundsätzlich richtig, die Beweislast umzudrehen und die Hersteller dazu zu verpflichten, genau zu begründen, warum ein neues Medikament besser und damit auch teurer sein soll als ein älteres Präparat".

Opposition bezweifelt Spareffekt

Karl Lauterbach (Foto: dpa)
Karl Lauterbach (SPD)Bild: dpa

Bei der Opposition hingegen gibt es Kritik. So bezweifelte Karl Lauterbach, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD, dass Röslers Vorgehen tatsächlich zu Einsparungen führe: "Die Pharmahersteller werden mit Preisforderungen in die Verhandlungen gehen, in denen der Rabatt schon einberechnet ist", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Röslers Konzept spare mithin "keinen Cent".

Auch innerhalb der FDP gibt es kritische Töne. So meldete der saarländische Wirtschaftsminister Christoph Hartmann in einem Brief an Rösler "tiefste Bedenken" an, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete. Hartmann äußerte demnach seine Sorge, dass die Arzneimittelimporteure überproportional getroffen werden könnten. "Die negativen Auswirkungen brächten in Deutschland eine große Anzahl von Arbeitsplätzen in Gefahr, alleine im Saarland über 700", wird der FDP-Minister zitiert.

Teure Medikamente in Deutschland

Auch der Verband der Forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) warnte vor schnellen Sparmaßnahmen im Gesundheitssektor zu Lasten der Arzneimittelhersteller. "Wir müssen aufpassen, dass in der Pharmaindustrie keine Krise ausgelöst wird", sagte Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer der "Leipziger Volkszeitung".

Karl Lauterbach prangert dagegen an, dass in Deutschland Medikamente bis zu 40 Prozent mehr kosten können als in den Niederlanden oder der Schweiz. In Deutschland werden neue Präparate durch Patente rund 15 Jahre geschützt und bringen so insbesondere in der Anfangszeit hohe Umsätze. In Deutschland können die Hersteller die Preise ihrer geschützten Präparate nämlich meist frei bestimmen. Pro Jahr werden in Deutschland etwa 30 Medikamente zum Patent angemeldet.

Eine Zulassung von großen Apotheken-Ketten, die mit der Industrie günstigere Preise aushandeln könnten, ist für Rösler aber keine Lösung: "Das Problem ist, dass momentan bei innovativen Arzneimitteln noch gar nicht verhandelt wird", sagte er. Das müsse geändert werden, um das Preismonopol der Pharmaindustrie zu brechen.

Autorin: Anika Bever (dpa, apd, afp, epd)

Redaktion: Dirk Eckert