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Rüütels Taktik scheint aufzugehen

30. August 2006

Das estnische Parlament hat über einen neuen Präsidenten abgestimmt, doch wie erwartet blieb die erste Wahlrunde ohne Gewinner. Amtsinhaber Arnold Rüütel ist damit weiter im Rennen, obwohl er gar nicht angetreten war.

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Keine Zweidrittelmehrheit im Riigikogu in TallinnBild: picture-alliance/dpa

Am Montag (28.8.2006) und Dienstag hat das estnische Parlament, der Riigikogu, über das höchste Staatsamt abgestimmt, doch erwartungsgemäß erhielt keiner der beiden angetretenen Kandidaten in den drei Wahlgängen die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Weder der ehemalige Außenminister Toomas Ilves, noch die Kandidatin Ene Ergma erhielt die nötigen 68 Stimmen.

Estland - Präsidentschaftskandidatin Ene Ergma
Parlamentsvizepräsidentin Ene ErgmaBild: AP

Die stellvertretende Parlamentspräsidentin Ergma erhielt am Montag im ersten Wahlgang lediglich 65 der 101 Stimmen. Die Professorin der Astrophysik war von den konservativen Fraktionen nominiert worden. Die 62-Jährige war erst 2002 in die Politik eingestiegen und gilt unter Beobachterin als "Testkandidatin". Im zweiten und dritten Wahlgang am Dienstag verfehlte auch der ehemaligen Außenminister Toomas Ilves die Zweidrittelmehrheit. 64 vom 101 Abgeordneten votierten für den 52-Jährigen, der derzeit für die Sozialdemokraten im Europaparlament sitzt.

Wahlverfahren zieht sich in die Länge

Toomas Hendrik Ilves, Präsidentenwahl in Estland
Ex-Außenminister Toomas IlvesBild: picture-alliance/dpa

Die estnische Verfassung sieht vor, dass in den ersten drei Wahlgängen eine Entscheidung mit Zweidrittelmehrheit fallen muss. Doch schon im Vorfeld wurde erwartet, dass eine solche Mehrheit nicht zu Stande kommt. Nun muss ein Wahlmännergremium abstimmen, in dem Kommunalpolitiker die Mehrheit stellen. Dort reicht eine einfache Mehrheit.

Der Präsident hat in der baltischen Republik repräsentative Aufgaben und außen- sowie sicherheitspolitische Kompetenzen. Seit der Einführung des neuen Wahlsystems zur Bestimmung des estnischen Staatsoberhaupts im Jahr 1996 ist es noch keinem Kandidaten gelungen, die erforderliche Mehrheit im Parlament zu erhalten.

Amtsinhaber hofft auf Kommunalpolitiker

Der seit 2001 amtierende Präsident Arnold Rüütel gilt deshalb weiterhin als Favorit - obwohl er im ersten Wahlgang gar nicht antrat. Er hatte im Vorfeld nicht ausgeschlossen, dass er erneut antritt, sollte sich im Parlament keine andere Mehrheit finden. Seine Unterstützer blockierten entsprechend die Abstimmung. Die Zeitungen in Tallinn diskutierten unterdessen erneut die Generationsunterschiede zwischen Rüütel und Ilves. Ilves kündigte an, auch vor den Wahlmännern gegen Rüütel zu kandidieren. Die wirtschaftliche und politische Elite des Baltenstaates lehnt Rüütel wegen seiner Sowjet-Vergangenheit ab. In landwirtschaftlich geprägten Gebieten erfreut sich der Agrarexperte jedoch großer Beliebtheit. Rüütel setzt deshalb auf die Abstimmung im Wahlmännergremium am 23. September. Diese Taktik könnte aufgehen. (mit)