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Familienunternehmen

8. Mai 2009

Sie gelten gemeinhin als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – Familienunternehmen. Ein gerade erschienenes Lexikon listet beispielhaft 1000 dieser Firmen auf.

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Schriftzug Familienunternehmen vor einem Blick in eine Werkhalle
Familienunternehmen sind wieder in aller Munde

Das älteste Unternehmen, das sich derzeit in Deutschland in Familienbesitz befindet, ist die Hofpfisterei in München. Die erste urkundliche Erwähnung des Backwarenherstellers datiert aus dem Jahre 1331. Ähnlich traditionsreich ist die Privat-Brauerei Zötler – sie wurde 1447 gegründet und ist heute in 20. Generation von der Inhaberfamilie geführt. Freilich können nicht alle Unternehmen auf eine solche lange Geschichte zurückblicken. In ihrer Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft aber haben alle eines gemein, sagt Reinhard Zinkann, einer der beiden Geschäftsführer des Hausgeräteherstellers Miele: "Sie haben eine ganz andere Intention als große Unternehmen." Hauptsächliche Motivation sei, das Unternehmen für die Familie zu erhalten. Und dafür binde man sich ins regionale Umfeld ein und "fühlt sich für Mitarbeiter, Menschen und Region verantwortlich".

Nur leider, so Zinkann, würde das so nicht wahrgenommen.

Lexikon gibt Einblicke in Geschichte

Buchcover "Lexikon der Deutschen Familienunternehmen"
Buchcover "Lexikon der Deutschen Familienunternehmen"

Ein soeben erschienenes "Lexikon der deutschen Familienunternehmen" will da Abhilfe schaffen. Hier finden sich Daten, Fakten und spannende Geschichten aus 1000 der unzähligen Unternehmen, die im Familienbesitz sind. Herausgeber Florian Langenscheidt, der selbst einer berühmten Verlegerfamilie entstammt, sieht "eine große Renaissance", die Familienunternehmen plötzlich erleben. Dabei gäbe es sie seit Ewigkeiten, "weil dort einfach eher ein Stück Moral, ein Stück Charakter, ein Stück Nachhaltigkeit, ein Stück Verantwortung gelebt wird." Und das sei für die Menschen wichtig. Natürlich müsse man Gewinne machen – "aber nicht mit allen Mitteln." Familienunternehmen böten hier einen Identitätsersatz, "den man in großen anonymen Konzernen nicht unbedingt immer findet."

"In der Ruhe liegt die Kraft"

Verleger und Herausgeber Florian Langenscheidt
Verleger und Herausgeber Florian LangenscheidtBild: DW-TV

Die Fakten sprechen für sich: Rund 40 Prozent aller Umsätze werden in den Familienunternehmen erwirtschaft, 60 Prozent aller Arbeitsplätze finden sich hier. Und 80 Prozent aller Auszubildenden schließen einen Lehrvertrag bei einem solchen Unternehmen. Überhaupt Beschäftigung: Entlassungen gelten als das letzte Mittel, wenn wirklich nichts anderes hilft – das wird auch in der derzeitigen Krise so gehandhabt. Da könnten die großen börsennotierten Unternehmen einiges von den Familienunternehmen lernen, meint Miele-Chef Zinkann. Zum Beispiel, wie man Ziele kontinuierlich im Auge behalte und erfülle. Oder, wie es Zinkann sagt: "In der Ruhe liegt die Kraft". Außerdem könnten sie lernen, dass Quartalsdenken zwar für die Börse und für die Börsenbewertung wichtig sei, "für ein Unternehmen aber häufig schädlich." Und sie könnten sich ganz allgemein mehr um das Unternehmenswohl kümmern.

Soziales Engagement gefragt

Spekulatius-Gebäck wird bei der Firma Lambertz in Aachen hergestellt. (AP Photo)
Produktionslinie bei Lambertz in AachenBild: AP

Das sieht Hermann Bühlbecker ähnlich. Der ist in neunter Generation Inhaber der Aachener Printen- und Schokoladenfabrik Lambertz. Bühlbecker engagiert sich neben seiner unternehmerischen Tätigkeit in zahlreichen sozialen Initiativen. Er sieht Familienunternehmen in diesen Krisenzeiten vor großen Herausforderungen. Gerade jetzt müssen schnelle Entscheidungen getroffen werden – und das ginge in inhabergeführten Unternehmen oft zielstrebiger. "Das ist der Vorteil, das ist die Verantwortung, das ist das Risiko, aber das ist auch die Chance, die diese Unternehmen haben." Vor allem seien aber auch Nachhaltigkeit und gesellschaftliches soziales Engagement gefragt. "Und je mehr Unternehmer das machen, umso mehr haben ihre Familienunternehmen ihre Chance, sich draußen klar zu positionieren."

Familienunternehmen – da ist sich Verleger Florian Langenscheidt ganz sicher – sind keine Dinosaurier längst vergangener Epochen. Sie seien eben erfolgreich, weil sie in Generationen denken – und nicht in Quartalen.

Autor: Henrik Böhme

Redaktion: Insa Wrede