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Rückkehr der Rationalität

Johannes Beck15. Dezember 2001

Die Vernunft ist zurück! Seit dieser Woche sorgen negative Nachrichten an der Börse plötzlich wieder für sinkende Kurse.

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Sie werden bei der Hatz nach der Hausse, beim Rennen der Rallye nicht mehr einfach übersehen. Schlechte Meldungen wie der drastische Rückgang der US-amerikanischen Einzelhandelsumsätze im November um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat sorgen seit dieser Woche (10.12.-14.12.) auch für Dämpfer an den Aktienmärkten.

Schwachstellen der US-Wirtschaft

Das ist rational und vernünftig. Denn bisher waren es die amerikanischen Verbraucher, die mit ihrem sehr hohen Konsum die Wirtschaft am Laufen gehalten haben. Sie geben seit Jahren mehr aus als sie verdienen. Ein Zustand der in einer wirtschaftlichen Krise mit steigenden Arbeitslosenzahlen nicht lange anhalten kann.

Die Schwäche beim Privatkonsum legt nun andere Schwachstellen der US-Wirtschaft bloß: Der Export kommt auf Grund des starken Dollars und der weltweit lahmenden Konjunktur nicht voran. Die Firmeninvestitionen sind nach dem Rausch der so genannten "New Economy", nach zu vielen geplatzten Internet-Träumen inzwischen drastisch zurückgefahren. Bleibt noch der Staat, der sich mit Konjunkturprogrammen und Steuererleichterungen energisch für einen Aufschwung einsetzt.

Japanische Krankheit in den USA?

Wie schlimm es um die Volkswirtschaft der USA steht, lässt sich auch an den Leitzinsen der US-Notenbank Federal Reserve ablesen. Die Zentralbanker unter Alan Greenspan senkten den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,75 Prozent. Mit der inzwischen elften Senkung in diesem Jahr hat der Leitzins, die "Federal Funds Rate", das niedrigste Niveau seit 40 Jahren erreicht. Er liegt inzwischen bei nicht einmal mehr einem Drittel des Niveaus vom Jahresanfang, als er noch 6,5 Prozent betragen hatte. Besorgnis erregt besonders, dass sich die Wirtschaft trotzdem nicht erholt. Die Gefahr steigt, dass die Zentralbank in eine so genannte "Liquiditätsfalle" gerät. Niedrigste Zinsen, ohne dass mehr Geld nachgefragt wird, um die Wirtschaft zu beleben: ein Horrorszenario, das seit Jahren in Japan Realität ist.

DAX-Aktien überbewertet

Angesichts dieser Perspektiven ist es kaum verwunderlich, dass die Investoren die Gelegenheit der hohen Kurse nutzen, um ihre Aktien gewinnbringend zu verkaufen. Zumal anfangs der Woche die Kurse sich historisch gesehen auf einem sehr hohen Niveau bewegten. Die im DAX gelisteten Aktien kosteten zum Wochenbeginn immerhin noch das 22fache im Verhältnis des für 2002 erwarteten Gewinns der Unternehmen. Eine 15fache Bewertung wäre normal. Dazu kommt noch das Risiko, dass die Gewinne der Unternehmen 2002 auf Grund einer eventuell länger andauernden Rezession niedriger ausfallen, als derzeit von den Analysten erwartet.

Besserung in Sicht

Insgesamt herrscht aber bei den Marktteilnehmern noch die Meinung vor, dass im Jahr 2002 mit einer weltweiten Konjunkturerholung zu rechnen ist. So erwartet die Dresdner Bank eine deutliche Erholung im Euro-Raum im dritten Quartal des Jahres 2002. Auch Unternehmen wie der Netzwerkhersteller Cisco und das Mobilfunkunternehmen Nokia rechnen im nächsten Jahr wieder mit steigenden Umsätzen und Gewinnen.

Fallende Zinsen

An den Rentenmärkten sorgte die Zinssenkung für sinkende Renditen und damit für steigende Kurse der Wertpapiere. Die langsam aber sicher zurückgehende Inflationsrate in Euroland hat diesen Trend noch verstärkt. Bei einer geringeren Inflation steigt die Chance für Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank, die es ihrer US-Schwester Fed nachtun könnte. Sharda Dean, Euro-Analystin der US-Investmentbank Merrill Lynch, rechnet beispielsweise mit einer EZB-Zinssenkung um insgesamt 0,5 Prozentpunkte auf 2,75 Prozent bis März 2002.

Euro-Kurs steigt mit Ausgabe an

Fürs erste bleiben die Zinsen in Euroland aber höher als in den USA. Das hilft zumindest dem Euro-Wechselkurs. Er konnte sich in dieser Woche auf über 90 US-Cent erholen. Wenigstens eine gute Nachricht zur Ausgabe der ersten Euro-Münzen am Freitag (14.12.2001) in Frankreich, den Niederlanden und Irland.