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Kriegsopfer Wahrheit

19. August 2008

Trotz Waffenstillstands sollen russische Truppen wieder georgische Militäranlagen zerstören. So berichten jedenfalls georgische Medien. Was wirklich vor Ort passiert ist wegen der widersprüchlichen Informationen unklar.

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Georgische Soldaten bei Gori (13.8.2008, Quelle: AP)
Russland soll wieder georgische Militäranlagen zerstören - so georgische QuellenBild: AP

Die russischen Truppen im Südkaukasus haben auch am Donnerstag (14.8.2008) gezielt georgische Militäranlagen zerstört – so die Darstellung der georgischen Seite. Demnach seien Soldaten erneut in die Hafenstadt Poti am Schwarzen Meer eingerückt, um dortige Radaranlagen unbrauchbar zu machen. Das teilte der georgische Grenzschutz nach Angaben der Internetagentur "Civil Georgia" mit.

Über den Einsatz der russischen Militäreinheiten im georgischen Kernland gehen die Ansichten auseinander. Die georgische Führung sieht darin einen Bruch der am Dienstag vereinbarten Waffenstillstands-Erklärung. Russland dagegen begründet weitere Einsätze in Georgien mit der Notwendigkeit, zukünftige Gewalt zu verhindern.

Russische Verbände räumen Munitionslager

Georgische Soldaten bei Gori (14.8.2008, Quelle: AP)
Ziehen die Russen aus Gori ab - oder doch nicht? Die Lage ist unklarBild: AP

Aus der Stadt Senaki vor der Grenze zum abtrünnigen Gebiet Abchasien berichtete der georgische Rundfunk, dass russische Verbände georgische Munitionslager ausräumten. Dabei seien wiederholt Explosionen zu hören gewesen. Eine Korrespondentin des georgischen Radios vermutete, dass ein Teil der Munition zerstört wurde.

In der Stadt Gori, 60 Kilometer vor der georgischen Hauptstadt Tiflis, gingen die Verhandlungen über eine Rückkehr georgischer Polizeikräfte weiter. Vor der Stadt stünden georgische Polizeiwagen aufgereiht. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor angekündigt, dass die georgische Polizei am Donnerstag im Tagesverlauf wieder Sicherheit und Ordnung in der Stadt kontrollieren könne.

Das georgische Innenministerium teilte dagegen mit, eigene Polizeikräfte seien bereits wieder in Gori gewesen. Sie hätten die Stadt aber wegen einer verstärkten russischen Militärpräsenz wieder verlassen, wie die russische Agentur Itar-Tass aus Tiflis meldete.

Kriegsopfer Wahrheit

Eine neutrale Beurteilung der Lage im Kaukasus ist kaum möglich: Widersprüchliche Berichte aus dem Krisengebiet, mangelnde Informationen aus Geheimdienstquellen, einseitige Darstellungen der Kampfhandlungen erschweren die Berichterstattung. Von den Kriegsparteien unabhängige Quellen gibt es dagegen kaum. US-Aufklärungsspezialisten etwa richteten ihren Fokus bislang zum größten Teil auf den Irak und Afghanistan. Erst vergangenes Wochenende genehmigte das Pentagon eine Neupositionierung einiger Satelliten.

Dennoch: "Es ist sehr schwer, sich zeitnah ein zutreffendes Bild zu verschaffen von einer Krise, die sich schnell ändert", sagt Gordon Johndroe, ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA. Die Russen sagen das eine, die Georgier das andere, und internationale Diplomaten müssen beide Darstellungen in Einklang bringen. Saakaschwili macht ihnen mit seinen Übertreibungen diese heikle Aufgabe gewiss nicht leichter.

Saakaschwili nutzt sein Charisma

Michail Saakashvili in Gori (11.8.2008, Quelle: AP)
Michail Saakashwili versteht es, sein Charisma einzusetzenBild: AP

Der weltgewandt wirkende georgische Staatschef, der in den USA studiert hat, nutzt sein Charisma, um der Welt seine Sicht der Dinge darzulegen. In einem Interview des US-Senders CNN warnte Saakaschwili am Mittwoch, die russischen Truppen näherten sich der Hauptstadt, und Moskau habe vor, eine eigene Regierung in Tiflis zu installieren. Reporter der Nachrichtenagentur AP vor Ort konnten jedoch keine Anzeichen für derartige Pläne ausmachen. Zwar setzten sich einige Dutzend russische Militärfahrzeuge von Gori aus in Richtung Tiflis in Bewegung, kehrten später aber wieder um.

Im georgischen Fernsehen verkündete Saakaschwili am selben Tag, die Ankunft eines US-Militärflugzeugs mit Hilfsgütern bedeute, "dass georgische Häfen und Flughäfen unter die Kontrolle des US-Verteidigungsministeriums gestellt werden". Ein Pentagon-Sprecher stellte unverzüglich klar: "Es gibt weder die Notwendigkeit noch die Absicht, georgische Flug- oder Seehäfen zu übernehmen, um humanitäre Hilfe zu leisten." Der 40-jährige Saakaschwili beharrt darauf, nicht zu übertreiben. Der Westen habe seine Warnungen ignoriert, dass Russland einen Militäreinsatz in Georgien plane, sagte er. "Und schauen Sie sich nun an, was sie tun. Das hat schon meine schlimmsten Erwartungen übertroffen." (mg)

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