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RAF: Puzzle gelöst?

Marcel Fürstenau, 23. April 2007

Im Rahmen der Debatte um das Gnadengesuch von Christian Klar werden neue Fakten zum Fall Buback bekannt und bekannte Fakten neu aufgerollt: Was wussten deutsche Behörden über den Tathergang und die mutmaßlichen Täter?

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Schwarz-weiß-Aufnahme von Siegfried Buback. Quelle: AP
Generalbundesanwalt Siegfried Buback, aufgenommen im Jahr 1975Bild: AP

Der Anschlag auf Siegfied Buback ist bereits 30 Jahre her. Nun soll Bundespräsident Horst Köhler über ein - in Deutschland äußerst kontrovers diskutiertes - Gnadengesuch des früheren RAF-Terroristen Christian Klar entscheiden. Im Jahr 1977 hatte der Terror der Rote-Armee-Fraktion (RAF) in Deutschland seinen blutigen Höhepunkt erfahren. Den Anfang machte der Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seinen Begleitern im April 1977, weitere tödliche Anschläge folgten. Bis heute ist Bubacks Tod nicht aufgeklärt.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) lässt Vorwürfe gegenüber dem Bundeskriminalamt und dem Bundesverfassungsschutz prüfen, Erkenntnisse im Fall des 1977 ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback sowie seiner Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster nicht an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet zu haben.

Ob das Verfahren im Fall Buback nun neu aufgerollt werden muss, ist aus Sicht der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries allerdings noch offen. Die Sozialdemokratin warnte im Zweiten Deutschen Fernsehen vor Aktionismus: "Es ist immer gut, wenn man weiß, worüber man redet. Und deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt erst einmal durch die Generalbundesanwaltschaft die Menschen vernehmen, die sagen, sie hätten neue Aussagen zu machen. Die Frage ist: wer hat was wann gewusst?"

Wiesnewski soll geschossen haben

Schwarz-weiß Foto von drei Polizeibeamten die eine Plane über eine Leiche legen. Quelle: AP
Polizeibeamte bedecken am 7. April 1977 in Karlsruhe den Leichnam von Generalbundesanwalt Siegfried Buback.Bild: AP

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zufolge soll der frühere Terrorist der Roten Armee-Fraktion (RAF), Christian Klar, nicht auf Buback und dessen Begleiter geschossen haben. Das Magazin beruft sich auf Aussagen des Ex-Terroristen Peter-Jürgen Boock. Demnach soll der Todesschütze der RAF-Terrorist Stefan Wiesnewski gewesen sein. Wisniewski war nach anderen Taten wegen fünffachen Mordes verurteilt worden, aber schon 1999 freigekommen.

Entsprechende Aussagen zu Wisniewskis Tatbeteiligung habe die frühere Terroristin Verena Becker bereits Anfang der 1980er Jahre gegenüber dem Bundesamt für Verfassungsschutz gemacht, so der "Spiegel". Eine Version, die den zum Zeitpunkt des Attentats auf Buback amtierenden Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) überrascht: er habe keine Informationen darüber gehabt und sie jetzt erst dem "Spiegel" entnommen, berichtet er. Auch Baums Amtsnachfolger Friedrich Zimmermann (CSU) wundert sich über die jetzt bekannt gewordenen Behauptungen, insbesondere die angeblichen Informationen Verena Beckers. "Ich wusste von dieser Aussage nichts. Wenn sie gemacht worden wäre, gehe ich davon aus, dass ich es gewusst hätte", so Zimmermann.

Politiker fordern Aufklärung der Vorwürfe

Derweil fordern Politiker quer durch die Parteien, dem Vorwurf nachzugehen, Behörden und Geheimdienste hätten womöglich frühzeitig Erkenntnisse über die Täterschaft im Fall Buback zurückgehalten. Aufklärung fordert unter anderem der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU). "Da gibt es nicht irgendwelche Gründe der Geheimhaltung oder Schutz von Informanten. Sondern hier muss die Aufklärung aus meiner Sicht schon Vorrang haben."

Ähnlich wie Beckstein äußerte sich der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Guido Westerwelle: "Behörden müssen an der Aufklärung von Taten mitwirken. Sie müssen die Justiz auch beim Verfolgen von Straftätern unterstützen. Und wenn das unterbleibt, ist das ein politisches und juristisches Fehlverhalten." Westerwelle Fraktionskollege Max Stadler kündigte an, das parlamentarische Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste werde sich am Mittwoch (25.4.) mit den neuen Vorwürfen im Fall Buback befassen.

Die Generalbundesanwältin Monika Harms hat angekündigt, sich baldmöglichst zu den Vorwürfen zu äußern und zu erklären, ob und in welchem Umfang Verfahren neu aufgerollt werden müssten. Beobachter befürchten, dass die Geheimdienste den Strafverfolgern wichtige Erkenntnisse nicht weitergeleitet haben, um ihre Informanten zu schützen und so ihre Arbeit fortsetzen zu können.