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Ramadan: Gewissenskonflikt bei der WM

28. Juni 2014

Heute beginnt für Muslime der Fastenmonat Ramadan und das stellt auch einige Spieler bei der Weltmeisterschaft in Brasilien vor Probleme. Islamische Theologen halten sich jedenfalls mit klaren Empfehlungen zurück.

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Ein algerischer Spieler betet nach dem Sieg gegen Russland (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Es kommt nicht oft vor, aber in diesem Jahr ist es wieder so weit: Zum ersten Mal seit 1986 fällt der Ramadan wieder in die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft. Für alle gläubigen Muslime bedeutet das den Verzicht auf Essen und Trinken von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Zwar sind die Ramadan-Tage in Brasilien aufgrund der Äquatornähe momentan fünf Stunden kürzer als in Europa, aber dennoch stellt sich sowohl für die komplette algerische Mannschaft als auch für Spieler der deutschen, französischen, schweizerischen und belgischen Elf die Frage, wie man als Hochleistungssportler die religiösen Gebote einhalten kann.

Der deutsche Mittelfeldakteur Mesut Özil, dessen Eltern aus der Türkei stammen, hat sich bereits festgelegt. "Ich kann leider nicht fasten, weil ich arbeite", erklärte Özil den fragenden Journalisten. Sein Club-Kollege Bacary Sagna, der ebenfalls beim FC Arsenal spielt und für die französische Nationalmannschaft antritt, wird ebenfalls auf den Ramadan verzichten: "Das ist unter bestimmten Umständen möglich, deshalb mache ich das". Wie sich andere muslimische Mitspieler verhalten wollen, konnte Sagna allerdings nicht mitteilen. Er ließ aber durchblicken, dass einige Spieler seinem Beispiel folgen werden, andere aber den Fastenmonat einhalten wollen. "Ich respektiere diese Kollegen", betonte Sagna.

Algeriens Trainer fordert Ramadan-Verzicht

Den deutschen Achtelfinalgegner Algerien stellt der Beginn des Ramadan vor einen Gewissenskonflikt größerer Dimension. Das Team besteht vollständig aus Muslimen und einige Akteure haben bereits angedeutet, dass sie das Fastengebot achten wollen. Vahid Halilhodzic, der die Mannschaft seit 2011 trainiert, soll seine Spieler bereits aufgefordert haben, sich angesichts der anstehenden Herausforderung am Montag weiterhin normal zu ernähren. Algerien hat zum ersten Mal bei einer WM die Finalrunde erreicht. Die Partie gegen Deutschland ist die nächste historische Chance für die Mannschaft, sich in die Geschichtsbücher einzutragen.

Islamische Theologen beschäftigen sich schon seit langem mit der Frage, inwiefern Fasten und Leistungssport zusammenpassen. Letzten Endes müssten die Spieler die Entscheidung mit ihrem Gewissen ausmachen, erklärt der Vorsitzende des türkisch-islamischen Dachverbands Ditib, Izzet Er. Der Koran gebe keine klaren Regeln vor. Und auch von medizinischer Seite gibt es keine klare Empfehlung. Jiri Dvorak, Chefarzt der FIFA, betont, dass er für Muslime während der WM keine Nachteile erwarte. Sein Kollege Michel D'Hooghe dagegen rät vom Fasten während der strapaziösen WM-Zeit ab. Er habe "größten Respekt für die religiösen Überzeugungen jedes Spielers", sagte das Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees, aber aus "rein medizinischer Sicht" sei eine regelmäßige Nahrungsaufnahme während dieser Zeit besser.

Zustimmung zu dieser Empfehlung kommt auch von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Markus de Marees leitet die Abteilung für Leistungsphysiologie und warnt vor gravierenden Leistungseinbußen. Seinen Erfahrungen zufolge verlieren Spieler während der 90-Minuten bis zu sechs Liter Flüssigkeit über die Haut.

djo/hf (dpa, EPD, SID)