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Rambo auf Türkisch

Baha Güngör21. Februar 2006

In Deutschland gibt es eine Welle der Empörung über den türkischen Irak-Kriegs-Film "Tal der Wölfe". Allerdings scheint die Aufregung genau so übertrieben wie die Begeisterung.

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Umstrittene Action im 'Tal der Wölfe'Bild: presse

"Tal der Wölfe" ist kein Beitrag zum Dialog der Kulturen. Der teuerste türkische Film aller Zeiten lässt sich auch nicht als Plädoyer für den pro-europäischen Kurs des Landes interpretieren. Und er dient auch keineswegs dem Ziel, die Integration von Türken und Muslimen in Deutschland oder anderen EU-Ländern zu fördern.

Kurtlar Vadisi - Tal der Wölfe Filmplakat
Das Plakat zum türkischen Film 'Tal der Wölfe'Bild: picture-alliance/ dpa

Derart edle Ziele hatten sich die Drehbuchautoren und Regisseure des Films allerdings auch nicht gesetzt. "Tal der Wölfe" ist ein Action-Film, der insbesondere anti-amerikanische Klischees bedient und damit auf einer vorhandenen politischen Stimmung aufbaut. Und nicht nur das: Es kommt auch ein jüdischer Arzt vor, der im Zusammenspiel mit schießwütigen Amerikanern mit Organen handelt. Ein anti-semitisches Klischee, das im Film jedoch nicht im Vordergrund steht. Nicht Juden, sondern Amerikaner sind dort meist die Bösen.

Geringer künstlerischer Wert

Die Begeisterung über den Film unter türkischen Zuschauern, aber auch die Kritik an ihm: Beides wirkt völlig überzogen. Der Streifen sei "jugendgefährdend", heißt es in deutschen konservativen Kreisen, und er gefährde das gesellschaftliche Miteinander. Sogar die Absetzung des Films wird gefordert. Solche Forderungen haben freilich zunächst nur das Interesse an dem Streifen gesteigert.

Tal der Wölfe - Irak Filmszene
Filmszene aus 'Tal der Wölfe'Bild: presse

Unklug ist freilich, dass türkische Staats- und Regierungsvertreter den Film in höchsten Tönen loben. Der Streifen basiert auf einem Vorgang, den es wirklich gegeben hat und der in der Türkei als entwürdigend empfunden wurde: die Festnahme einer türkischen Spezialeinheit durch US-Truppen in der nordirakischen Kurdenregion. Darüber hinaus jedoch ist es ein fiktiver Actionfilm. Und er hat, trotz des sicherlich auch politisch motivierten, für türkische Verhältnisse sehr hohen Aufwands nicht mehr künstlerischen Wert als die vielen Kick-Box-Schinken oder Rambo-Streifen der amerikanischen Filmindustrie, in denen ebenfalls oft andere Länder und Völker diskreditiert werden. Es gibt hunderte solcher Filme, in denen ganze Kulturkreise simplifiziert und oftmals auch eindeutig negativ dargestellt werden: als aggressiv, gefährlich oder gar mordlüstern.

Ein Film, mit dem man leben muss

Auch die Türken haben sich durch solche Filme schon verunglimpft gefühlt. Prominentestes Beispiel: Der Film "Mitternachtsexpress" trieb vor Jahren zahlreiche Türken auf die Barrikaden, weil darin die entwürdigende Behandlung von Menschen in türkischen Gefängnissen dargestellt wurde. Die gibt es zwar wirklich - doch ein politisch anspruchsvoller Film war "Mitternachtsexpress" deshalb noch lange nicht. Er gehört ebenso in die Kategorie "unvermeidlich" wie viele andere Filme, die etwa die Gräuel der von den früheren europäischen Kolonialmächten begangenen Gräuel auf fast allen Erdteilen zeigen.

Deshalb wird man im globalen Zeitalter, wo Verbote ohnehin nur national begrenzt möglich wären, auch mit Filmen wie "Tal der Wölfe" leben müssen. Zumal die amerikanische Irak-Politik interessierten Filmemachern hier immer wieder gut verwertbaren Stoff bietet.