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Ramy Swissy, der Aktivist

18. Dezember 2011

Die Jugendbewegung 6. April ist ein Motor der ägyptischen Revolution, ruft zum friedlichen Protest auf. Sie sind gut vernetzt und wissen die Massen zu mobilisieren. Ramy El Swissy ist eines ihrer zentralen Gesichter.

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Aktivist Ramy El Swissy aus Kairo Ägypten (Foto: DW)
Der Ägypter Ramy El Swissy ist stolz auf sich, die Revolution und sein HeimatlandBild: DW/V.Kleber

Ramy El Swissy ist stolz. Auf sich, auf die Jugendbewegung 6. April und auf sein Heimatland. Eine Revolution, wie sie die Ägypter am Anfang des Jahres in Gang gesetzt haben, hätte die Welt noch nie gesehen, sagt er. Und Ramy war mitten drin. Mit der Jugendbewegung 6. April hat er vom ersten Tag an mitdemonstriert, über Facebook und Twitter Tausende Menschen aufgerufen,  sich am Protest zu beteiligen

Der Höhepunkt der Revolution: der Rücktritt Mubaraks am 11. Februar 2011. Wo Ramy an diesem Tag war, das weiß er noch genau: vor dem Palast des ehemaligen Präsidenten. "Jeder tanzte und sang", sagt er. "Sogar die Soldaten, die den Palast beschützten, sind herausgekommen, um mit uns zu feiern." Drei Tage lang dauerte die Feier, es war eine Millionen-Menschen-Feier.

Der 6. April: Eine Bewegung für Freiheit und Demokratie

"Wahrscheinlich waren es die schönsten drei Tage meines Lebens", sagt Ramy El Swissy. Für ihn wurde ein Traum wahr. Ein Traum, den er seine ganze Jugend geträumt hat. Ramy hat kurzes schwarzes Haar, ist kräftig gebaut. Er hat Wirtschaft studiert. Er ist zwar erst 22 Jahre alt, in Sachen Menschenrechte fühlt er sich aber schon als alter Hase. Mit 14 Jahren trat er Amnesty International bei, er wollte sich gegen Folter in Ägypten einsetzen. Drei Jahre später gründete er die Jugendbewegung "6. April". Vierzehn Jugendliche waren sie damals. Sie einte die Idee, den Protest der Arbeiter im Nil-Delta zu unterstützen. Auf Facebook gründeten sie eine Gruppe, luden Bekannte und Freunde ein und forderten sie zu Protestaktionen auf. Die Gruppe wuchs und wuchs, erreichte bis zu Beginn der Revolution fast 30.000 Menschen. Sie waren die erste Bewegung, die im Januar zu Großdemonstrationen aufrief. Zahlreiche Jugendliche haben sie dazu motiviert, auf die Straße zu gehen. Dafür waren Ramy und seine Truppe in diesem Jahr sogar für den Friedensnobelpreis nominiert.

Demonstranten protestieren Ende November wieder auf dem Tahrir-Platz in Kairo (Foto: AP)
Demonstranten protestieren Ende November wieder auf dem Tahrir-Platz in KairoBild: dapd

Der Kampf geht für Ramy weiter

Mubarak ging, der Militärrat kam. In Ägypten wird heute regiert wie zuvor. Deshalb geht der Kampf für Freiheit und Demokratie für Ramy weiter. Die Jugendbewegung 6. April ist einer der schärfsten Kritiker des Militärrats und ihm deshalb ein Dorn im Auge. In einem offiziellen Statement hat der Militärrat die Gruppe im Juli beschuldigt, einen Keil zwischen die Revolutionsbewegung vom Tahrir-Platz und das Militär zu treiben. Die Jugendbewegung sei von ausländischen Geheimdiensten gesteuert und gefährde die Sicherheit Ägyptens, so der Militärrat. Er rief die Bevölkerung auf, auf Distanz zu der Gruppe zu gehen. Die Saat des Misstrauens ging auf: "Die Menschen haben uns bis dahin immer vertraut. Dann haben Leute angefangen, uns Verräter zu nennen", sagt er. Für ihn hatte es auch private Konsequenzen: Freunde wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben. Sein Job als Wirtschaftsberater wurde ihm gekündigt. Doch die Gruppe zu verlassen - daran hat Ramy nie gedacht. Er weiß, was es bedeutet, für seine Ideale einzustehen. Das gehöre dazu, wenn man ein Aktivist des 6. April sei.

Als Ramy am Rad der Geschichte drehte

Bereits unter Mubaraks wurde Ramy mehrfach vom Geheimdienst zu Hause abgeholt. Er verbrachte einige Nächte im Gefängnis. Viele andere Mitglieder wurden misshandelt, gefoltert. Während der Revolution stand Ramy in der ersten Reihe, Auge in Auge mit dem Militär. Angst hatte er dabei keine. Als einer seiner Freunde erschossen wurde, stand Ramy hilflos daneben. Er sah den Freund sterben, doch darüber redet Ramy nicht gerne - zu tief hat sich das Bild in seine Seele gebrannt.

Ein kleiner Junge schwenkt die ägyptische Flagge (Foto: AP)
Viele Ägypter wollen sich ihre Revolution nicht nehmen lassenBild: dapd

Worüber er hingegen gerne redet, ist der Erfolg der Bewegung 6. April und der Erfolg der Revolution, als Ramy und die Ägypter am Rad der Weltgeschichte drehten. "Unsere Revolution hat die ganze Welt verändert", meint Ramy. "Egal ob Amerika oder Spanien, sie alle nutzen die gleichen Ideen wie wir."

Bereit für die nächste Revolution

Die Ideen von Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Demokratie scheinen heute schon fast wieder vergessen in Ägypten. Doch Ramy und die Bewegung des 6. April wollen sich dem Militärrat in Erinnerung rufen, denn so einfach lassen sie sich ihre Revolution nicht nehmen. Dafür sind Ramy und seine Truppe viel zu stolz auf das, was sie und die Ägypter Anfang des Jahres gemeinsam erreicht haben. "Und notfalls", so sagt Ramy, "starten wir noch eine Revolution."

Autorin: Viktoria Kleber
Redaktion: Birgit Görtz