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Raubbau im Regenwald

Torsten Schäfer16. April 2008

Das Waldsterben in den Tropen schreitet weiter voran. Gerade die EU importiert viel illegal gefälltes Holz. Ohne ein Gegensteuern wird der Kampf gegen den Klimawandel noch viel schwerer als bisher.

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Brandrodung in Brasilien - AP
Brandrodung in BrasilienBild: AP

Am Montag (14.4.2008) demonstrierte Greenpeace vor der brasilianischen Botschaft in Berlin gegen den Raubbau in den Tropen. Laut einer Studie der Organisation fallen in Brasilien jede Minute fünf Hektar Wald Kettensägen und Brandrodungen zum Opfer. Jeder Hektar Wald, der verbrannt wird, setze zwischen 500 und 1100 Tonnen Kohlendioxid frei.

Ein Fünftel der globalen Treibhausgas-Emissionen geht mittlerweile auf das Sterben der Wälder zurück - jede Minute verschwinden laut WWF weltweit 38 Fußballfelder. In Indonesien ist der Raubbau besonders drastisch, weshalb der Inselstaat mittlerweile den dritthöchsten Kohlendioxid-Ausstoß auf der Welt hat. Für Palmölplantagen, die teilweise den Treibstoff für europäische Pflanzenöl-Kraftwerke liefern, brennen Firmen den Wald nieder.

Borneos Wälder brennen - AP
In Indonesien verschwindet der Wald besonders schnellBild: AP

Auch in Südamerika werden für Energiepflanzen Wälder gerodet. Der Biodiesel-Boom in Europa mit der umstrittenen EU-Direktive, den Anteil der Agrartreibstoffe auf zehn Prozent zu steigern, fördert die Zerstörung. "Die Festlegung von Biosprit-Anteilen im Diesel führt zu Regenwaldvernichtung pur", sagt Celia Harvey von der Organisation "Conservation International". Auch deshalb zog Umweltminister Sigmar Gabriel seine Biosprit-Pläne zurück und betont nun, dass nur Bio-Treibstoff aus nachhaltiger Produktion in den Tank kommen soll.

Auch die skandinavischen Urwälder verschwinden

Kaum beachtet wird das Sterben der Urwälder in Skandinavien, wo der Kahlschlag meist legal geschieht. In Russland, Brasilien und Südostasien wird ein Großteil des Holzes illegal gefällt - in Schutzgebieten, ohne Lizenz oder mit falschen Papieren. Die Weltbank schätzt, dass etwa die Hälfte des weltweiten Holzeinschlages illegal geschieht.

Der weltweit größte Holzimporteur ist die EU. Mehr als die Hälfte des hier importierten Tropenholzes stammt laut "Friends of the Earth" aus illegalen Quellen. Auch deshalb fodern Umweltschützer ein EU-Urwaldschutzgesetz. "Die Regierungen Europas müssen sicher stellen, dass nur legal geerntetes Holz und Holz aus ökologischer Waldbewirtschaftung auf den Markt kommt", erklärt Corinna Hölzel von Greenpeace. SPD und CDU lehnten 2006 den Entwurf für ein deutsches Urwaldschutzgesetz ab. Zu kompliziert, sagte die SPD. Ein EU-Gesetz sei besser, erklärte die CDU.

EU will neue Regeln

EU-Umweltkommissar Stavros Dima - AP
Verspricht bessere Regelungen: EU-Umweltkommissar DimasBild: AP

Studien zur EU-Umweltpolitik an der FU Berlin zeigen aber, dass anspruchsvolle Gesetze oft erst Realität werden, wenn mutige Staaten vorangehen. "Deutsche Politiker sagen gerne, dass Waldschutz der beste Klimaschutz ist. Getan wird aber nichts", kritisiert Johannes Zahnen vom WWF. Die Schweiz, Großbritannien und die USA bereiten derzeit neue Regelungen zum Holzhandel vor.

Im Mai will EU-Umweltkommissar Stavros Dimas neue Regelungen vorstellen, da die bisherige Gesetzgebung nicht effektiv genug sei. Jüngstes Beispiel dafür sind vier EU-finanzierte Bauprojekte, bei denen illegales Holz verwendet worden sein soll. Und erst kürzlich räumte die EU-Kommission ein, dass für die Renovierung ihrer Zentrale 1000 Quadratmeter illegal importiertes Holz aus Indonesien benutzt wurde.

Herkunftsnachweis und Strafandrohung

Die EU-Kommission verabschiedete bereits 2003 einen Aktionsplan gegen die illegale Abholzung. Seitdem hat sie mit vier Tropenstaaten freiwillige Vereinbarungen abgeschlossen. Vielmehr sei nicht passiert, kritisiert Zahnen. Das Hauptproblem bleibe, dass der Handel mit illegalem Holz nicht strafbar sei, sagt er. Dies könne nur ein europäisches Gesetz ändern. Wichtig sei auch die Pflicht für den Herkunftsnachweis, den es in der EU bei Lebensmitteln bereits gibt. "Warum funktioniert das bei Holz nicht?", fragt Zahnen. Bisher ahnen die meisten Kunden nicht, woher ihr Gartenstuhl stammt. In vielen Baumärkten und auf Messen werden Freizeit-Möbel mit unklarer weil oft illegaler Herkunft angeboten.

Skepsis bei billigen Möbeln

Karges Land - AP
Verschwinden Tropenwälder, verliert die Welt einen wichtigen Kohlendioxid-SpeicherBild: AP

Sind Tropenholz-Möbel sehr billig, ist Skepsis angebracht. Auch bei den verschiedenen Siegeln, die eine nachhaltige Holz-Produktion garantieren, ist stellenweise Vorsicht geboten. Zertifikate wie das PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) sind umstritten. WWF und Greenpeace empfehlen das strenge FSC-Siegel des Forest Stewardship Council. Weltweit wird bereits eine Fläche der Größe von Deutschland, Schweden, Österreich und der Schweiz nach FSC-Kriterien bewirtschaftet.

Was der Urwald der Politik derzeit wert ist, wird sich Mitte Mai in Bonn zeigen: Bei der UN-Vertragsstaaten-Konferenz zur Biodiversität steht das Thema oben auf der Agenda. Vereinbaren die Staaten hier kein neues Vorgehen gegen das Waldsterben, wird der Kampf gegen Klimawandel noch schwieriger, als er es ohnehin schon ist.

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