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Dicke Luft

11. Juni 2008

Der Streit um das Rauchverbot in deutschen Gaststätten wird jetzt auf höchster juristischer Ebene entschieden, im Bundesverfassungsgericht.

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(Bild: ap)
Dicke LuftBild: AP

Die Richter verhandelten am Mittwoch (11.06.2008) erstmals über drei beispielhaft ausgewählte Klagen dagegen. In dem Verfahren geht es um die Nichtraucherschutzgesetze in Berlin und Baden-Württemberg, wo die Beschwerdeführer, zwei Wirte von Einraumkneipen und ein Diskothekenbetreiber, ihre Lokale haben.

Die Entscheidung der Karlsruher Richter soll noch vor der Sommerpause fallen und für alle Bundesländer richtungweisend sein. In der mündlichen Verhandlung des Ersten Senats unter Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier prallten die unterschiedlichen Standpunkte zu den Folgen des Rauchverbots hart aufeinander.

Vorrang für wirtschaftliche Belange?

Zigarettenpackung mit Warnhinweis(Bild: ap)
Zigarettenpackung mit WarnhinweisBild: AP

Während die Anhänger des Rauchverbots in der mündlichen Verhandlung vor allem auf das Krebsrisiko für Nichtraucher verwiesen, beklagten die Gegner des Verbots das Fehlen von Ausnahmen für kleinere Lokale. Die Kläger pochten darauf, Einraumkneipen ohne Möglichkeit zu abgetrennten Raucherräumen von dem Verbot auszunehmen und sie entsprechend zu kennzeichnen. Unverständlich sei auch, dass in der Heilbronner Großdisco eines der Kläger trotz effizienter Entlüftungsanlage und insgesamt fünf Räumen ein absolutes Rauchverbot gelte.

Die Beschwerdeführer machen unter anderem eine Verletzung der Eigentumsgarantie und der Berufsfreiheit geltend. Durch die Rauchverbote gebe es Umsatzeinbußen zwischen 20 und 40 Prozent. Das habe gerade für die rund 60.000 bis 80.000 Einraumkneipen in Deutschland ruinöse Folgen. Der unbestrittene Auftrag des Gesetzgebers zum Gesundheitsschutz finde aber seine Grenze, wenn die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt sei und gegen andere Grundrechte verstoße, sagte der frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) als Vertreter der Kläger.

Vorrang für den Nichtraucherschutz?

(Bild: dpa)
Bundesverfassungsgericht verhandelt über RauchverbotBild: picture-alliance/ dpa

Dagegen verteidigten die zuständigen Ressortchefinnen aus Berlin und Baden-Württemberg unisono die umfassenden Rauchverbote. Die Stuttgarter Sozialministerin Monika Stolz (CDU) sprach von einem bedeutenden Schritt zu einem wirksamen Gesundheitsschutz. Schließlich enthalte der Tabakrauch über 70 krebserregende Substanzen. Jedes Jahr stürben 100.000 bis 120.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Die Berliner Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) sagte, der Gesetzgeber habe handeln müssen, nachdem freiwillige Vereinbarungen mit dem Hotel- und Gaststättenverband gescheitert seien.

Bundesweit gelten inzwischen in 14 Bundesländern unterschiedlich strenge Rauchverbote; Nordrhein-Westfalen und Thüringen folgen am 1. Juli. Die meisten Länder erlauben separate Raucherzimmer.

Ein Blick über die Grenzen

Die Mehrheit der Bevölkerung in Europa befürwortet im die Rauchverbote. Ende 2006 sprachen sich laut EU-Statistikamt 88 Prozent für ein Rauchverbot am Arbeitsplatz und in öffentlichen Räumen aus, 77 beziehungsweise 62 Prozent für rauchfreie Restaurants und Kneipen. Die Zustimmung der befragten Deutschen zu rauchfreier Gastronomie fiel allerdings unterdurchschnittlich aus: 74 Prozent wollten den Qualm aus Restaurants verbannen, 52 Prozent aus Kneipen. Aber hier bahnt sich ein Wandel an: Im Februar 2008 ergab eine Umfrage im Auftrag des Deutschen Krebsforschungszentrums 65 Prozent Zuspruch für rauchfreie Gaststätten - zwölf Punkte mehr als 2005, als die Nichtraucherschutzgesetze noch nicht in Kraft waren. (qu)

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