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Rauchzeichen aus den Rocky Mountains

Henrik Böhme27. Juni 2002

Der Weltwirtschaftsgipfel endet mit hoffnungsvollen Signalen. Ein Kommentar von Henrik Böhme.

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Das Desaster von Genua hat sich nicht wiederholt. Es gab keine Krawalle, keine Straßenschlachten, keine brennenden Autos, keine Verletzten. Dafür gab es freundliche Polizisten, und nur ein paar friedliche, originelle Demonstrationen. Der Plan von Kanadas Premierminister Jean Chretien ist aufgegangen. Das Treffen der Mächtigen dieser Welt abzuhalten in einem abgelegenen Bergdorf. Es zurückzuführen auf seine Wurzeln – den Gedankenaustausch im kleinen Kreis, ohne einen riesigen Stab von Beratern. Ohne umfängliches, zeitraubendes Abschlussdokument, aber mit mehr Raum für Diskussionen.

So gelang es, den Nahost-Plan des US-Präsidenten einzubinden, ohne das dieses Thema alles überlagerte. Die Welt freilich sieht nach diesen zwei Tagen nicht anders aus. Aber es gibt ein bisschen Hoffnung: Der Aktionsplan für Afrika, den die G-8 hier auf die Beine gestellt haben, ist ein guter Ansatz. Er soll die eigenen Bemühungen der Afrikaner unterstützen, den Kontinent vor der endgültigen Marginalisierung zu bewahren.

Die Initiative afrikanischer Führer namens NEPAD wird von nicht wenigen als "letzte Chance Afrikas" gesehen. Die G8 haben das verstanden – nun müssen sie daran gehen, ihre Versprechen in die Tat umzusetzen.

Leider aber konnte sie auch die Idylle von Kananaskis nicht milde stimmen, den armen Ländern die Schulden völlig zu erlassen. Und ob sie sich dadurch durchringen können, ihre eigenen Agrarsubventionen zurückzufahren, um beispielsweise afrikanischen Landwirten einen besseren Marktzugang zu ermöglichen, scheint mehr als fraglich. Zumal gerade eben die Amerikaner die Alimentierung ihrer Farmer hochgefahren haben.

Was bleibt sonst: Russlands Präsident Putin hat hier in Kanada endgültig den Ritterschlag erhalten – er ist nun mittendrin statt nur dabei und darf in vier Jahren auch den ersten G-8-Gipfel in Russland ausrichten. Zudem haben ihm seine Kollegen noch eine milliardenschwere Hilfe zugesagt, damit russischer Atomabfall ordnungsgemäß entsorgt wird und nicht in falsche Hände gerät.

Im gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus sind die Acht noch enger zusammengerückt, wollen für mehr Sicherheit bei Transporten zu Wasser, zu Lande und in der Luft sorgen. Was das Wachstum der Weltwirtschaft angeht, gab es die üblichen optimistischen Prognosen – auf die an den Finanzmärkten der Welt sowieso keiner hört.

Dennoch: Der Gipfel von Kananaskis markiert eine Wende in der Geschichte der G8. Ja, es war ein Rückzug in die Abgeschiedenheit – eine Flucht vor Protesten und Problemen war es nicht.

Bleibt zu hoffen, das Frankreich als Gastgeber des nächsten Treffens diesen Weg weitergehen wird.