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Reaktion auf Großmachtrhetorik

Ute Schaeffer 10. März 2003

Russland will eine neue Irak-Resolution im UN-Sicherheitsrat ablehnen und ihre Verabschiedung damit verhindern. Ein Kommentar von Ute Schaeffer.

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Es waren deutliche Worte, die der russische Außenminister Igor Iwanow am Montag (10.3.2003) sprach: Russland werde im Weltsicherheitsrat ein Veto gegen den amerikanisch-britischen Resolutionsentwurf einlegen, so Igor Iwanow kurz vor seinem Abflug zu Gesprächen im Irak. Noch in der vergangenen Woche hatte sich der amerikanische Präsident George W. Bush zuversichtlich gezeigt, dass Russland kein Veto gegen die Resolution einlegen wird. Doch diese Zuversicht war allem Anschein nach unbegründet. Die Resolution der USA und Großbritannien, durch die Bagdad ein Ultimatum bis zum 17. März gesetzt werden soll, wird durch das russische Veto scheitern - sollte sie zu Abstimmung vorgelegt werden.

Die Ankündigung des Vetos zeigt, dass die amerikanische Irak-Politik auf russischer Seite nicht verstanden wird. Die USA änderten gegenüber dem Irak ständig ihre Spielregeln, hatte der russische Vize-Außenminister Juri Fedotow im russischen Fernsehen erklärt. Bagdad sei den Forderungen in vielerlei Hinsicht nachgekommen, doch hätten die USA ständig weitere Forderungen erhoben.

In den Augen vieler russischer Politiker zeigt das Vorgehen der USA im Irak-Konflikt unmissverständlich, dass man sich als einzige verbliebene Supermacht sehe, gar als Weltpolizist. Das aber sieht man in Moskau anders. Und die russische Führung hat ihrerseits viel daran gesetzt, während des Irak-Konflikts auf die Bühne der Weltpolitik zurückzukehren. So hat Moskau in den vergangenen Wochen eine aktive Reisediplomatie betrieben und immer wieder hochrangige Vertreter auch in den Irak entsandt. Abstimmung suchte Moskau aber auch mit den europäischen Partnern: Einig sah sich die russische Führung mit dem deutschen Regierungschef Gerhard Schröder und dem französischen Präsidenten Jacques Chirac in ihrer Ablehnung einer zweiten UN-Resolution und der Befürwortung längerer Inspektionen.

Doch die USA erteilten diesem Vorstoß eine deutliche Absage und kündigten an, ihre Politik durchzusetzen - gleich wie die Abstimmung im Sicherheitsrat ausgehe. Für Moskau ist das eine Provokation. Denn wenn die USA bereits vor einem Krieg nicht bereit sind, ein gemeinsames Vorgehen mit zu tragen, dann - so befürchtet man in Moskau - gilt das gleiche auch für eine Nachkriegsordnung im Irak. Dort aber hat Russland vitale wirtschaftliche Interessen: Immer noch schuldet Bagdad Russland zwischen sieben und zehn Milliarden Dollar aus Geschäften zu Sowjetzeiten. Und wenn - infolge einer von den USA gestalteten Nachkriegsordnung - irakisches Erdöl in großen Mengen auf den Weltmarkt gerät, so würde das den Weltmarktpreis insgesamt drücken. Das aber hätte negative Auswirkungen auf die Gewinne der sibirischen Öl- und Gasindustrie, deren Exporte für die russische Volkswirtschaft überlebenswichtig sind.

Die Androhung des Vetos durch Russland ist also letztendlich vor allem eine Reaktion auf amerikanische Großmachtrhetorik. Möglich, dass das kategorische "Njet" Moskaus nun zur Suche nach gemeinsamen Wegen, zu Änderungen am Resolutionsentwurf, zumindest aber zum Gewinn von Zeit führt.