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Reaktivierung bei Bedarf

14. Mai 2002

Russland und die USA wollen die Zahl ihrer Atomsprengköpfe um zwei Drittel reduzieren. Nächste Woche unterzeichnen die Präsidenten Bush und Putin ein entsprechendes Abkommen. Abrüstungsexperten halten es für wertlos.

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Rakete vom Typ Peacekeeper ICBMBild: AP

Derzeit lagern in amerikanischen und russischen Raketendepots jeweils 5000 bis 6000 einsatzbereite Sprengköpfe. Diese Zahl soll bis zum Jahr 2012 auf 1700 bis 2200 reduziert werden. Dies sind die Eckdaten des neuen Abrüstungsabkommens, das bei Bushs Besuch in Russland vom 23. bis 26. Mai unterzeichnet werden soll.

Neuer Stil

Der neue Abrüstungsvertrag umfasst nur drei Seiten, ein deutlicher Stilwechsel gegenüber den voluminösen Vertragswerken des Kalten Krieges. Die Details regelt er nicht. George W. Bush hätte sogar eine mündliche Vereinbarung genügt, doch die russische Seite bestand auf einer schriftlichen Fixierung.

Beide Seiten werteten die Vereinbarung als großen Erfolg. "Dieser Vertrag macht die Welt friedlicher. Damit lassen wir den Kalten Krieg ein für alle Mal hinter uns", sagte US-Präsident Bush. Wladimir Putin würdigte die Haltung der US-Regierung: "Wir sind mit der gemeinsamen Arbeit sehr zufrieden. Ohne eine engagierte Position der US-Regierung wäre es schwierig gewesen, eine Einigung zu erzielen." Der russische Außenminister Iwanow bezeichnete den Vertrag als "nicht besonders ehrgeizig", aber dennoch wichtig.

Atomwaffen auf Abruf

Allerdings werden nicht alle von dem Vertrag erfassten Sprengköpfe endgültig aus dem Verkehr gezogen. Die USA bestanden darauf, dass eine bestimmte Anzahl der Massenvernichtungswaffen zwar außer Dienst gestellt wird, aber bei Bedarf jederzeit reaktiviert werden kann.

Abrüstungsexperten halten den Vertrag für praktisch wertlos. "Wir haben hier eine Vereinbarung, nach der Russland einen Vertrag bekommt und wir alles andere" sagte Abrüstungsexperte Ivo Daalder von der Brookings Institution. "Strategisch ist der Vertrag praktisch bedeutungslos." Er sei mit einer Frist von drei Monaten kündbar, und die gegenwärtige US-Regierung habe in der Vergangenheit keine Gewissensbisse gehabt, sich von Verträgen loszusagen, sagte Daalder.

Nur ein Stück Papier?

Die US-Regierung drängte auf eine kurze Frist, weil sie "Flexibilität" brauche. Die USA hatten im vergangenen Jahr den Vertrag zur Begrenzung der Raketenabwehrsysteme (ABM) gekündigt, um ihr Projekt einer landesweiten Raketenabwehr voranzutreiben.

Moskauer Verteidigungsexperten sagten, Russland habe mit seinen Bedenken kein Gehör gefunden. Putin habe die Vereinbarungen akzeptiert, weil sie nicht zu verhindern gewesen seien. Verteidigungsexperte Alexander Goltz hängte den Vertrag dementsprechend niedrig: "Zugespitzt gesagt haben die Vorstellungen der USA über eine einseitige Abrüstung die Form eines zweiseitigen Vertrags angenommen." (jf)