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Recht mit beschränkter Wirkung

Nina Werkhäuser24. Februar 2003

In Kriegen ist das Rote Kreuz oft die einzige Organisation, die Frontlinien überqueren und die Opfer versorgen darf. Dabei arbeitet sie auf den Grundlagen des humanitären Völkerrechts.

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Bild: AP

Das Völkerrecht ist in vier verschiedenen Genfer Abkommen verankert. Sein Ziel: Die Leiden der Opfer bewaffneter Konflikte zu lindern, ganz gleich ob es sich um verwundete Soldaten, Kriegsgefangene oder Zivilisten handelt.

Verhandlungen zur Durchsetzung

Auch bei Gesetzestexten ist Papier geduldig, und humanes Handeln ist nicht die erste Sorge von Kriegsparteien. Darüber macht sich auch Andreas von Block-Schlesier, der im Fachausschuss für humanitäres Völkerrecht des Deutschen Rotes Kreuzes sitzt, keine Illusionen. Aber trotzdem sei das humanitäre Völkerrecht weder überflüssig noch wirkungslos. Vor allem die Deutschen hätten nach dem Zweiten Weltkrieg davon profitiert. Soviele seien es gewesen, "dass sie ein Beispiel für die Richtigkeit dieser Vorschriften sind".

Flüchtlinge in Sarajewo
Wo Krieg ist, ist das Rote Kreuz nicht weit: 1995 in SarajewoBild: AP

In diesen Vorschriften steht unter anderem, dass Verwundete nicht getötet und Kriegsgefangene nicht misshandelt werden dürfen. Der Irak und die USA haben sich beide - wie viele andere - zur Einhaltung der Genfer Konventionen verpflichtet. Wirklich dazu zwingen kann sie allerdings keiner, auch wenn sich die Sanktionsmöglichkeiten durch die Einrichtung des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag verbessert haben. Das Rote Kreuz setzt vor allem auf Verhandlungen mit den Konfliktparteien. "Nach den Erfahrungen ist der Erfolg bei nicht-öffentlichen Gesprächen größer", sagt von Block-Schlesier.

Evolution des Krieges

Auf die Probe gestellt werden die Regeln des humanitären Völkerrechts zum einen durch die Evolution des Krieges. Haben sich früher zwei oder mehr Staaten formal den Krieg erklärt, so sind die Konfliktparteien heute nicht immer greifbar und damit für das Rote Kreuz auch schwer anzusprechen. Bestes Beispiel hierfür ist die Terrorgruppe El Kaida.

Zum anderen verändert die Entwicklung neuer, wirkungsvoller Waffen die Situation. Handfeuerwaffen beispielsweise töten inzwischen auch dann, wenn nur Arme oder Beine getroffen werden. Nach Ansicht des Roten Kreuzes ist das völkerrechtswidrig, "weil unnötig". "Der Gegner", so von Block-Schlesier, "soll nach den Kriegsrechtsvorstellungen wehrlos gemacht, aber nicht umgebracht werden". Unter diesem Gesichtspunkt sei eine Veränderung des Völkerrechts notwendig.

Munition
Tödliches High-Tech: Munition für HandfeuerwaffenBild: AP

Öffentlichkeit für Völkerrecht

Das Internationale Rote Kreuz sieht sich in Kriegen und Konflikten als unparteiischer, unabhängiger Wächter des humanitären Völkerrechts. Dazu gehört der Besuch von Kriegsgefangenenlagern, die Versorgung Kranker und Verwundeter sowie die Familienzusammenführung. Auch im Irak gibt es eine Gesellschaft des Roten Halbmondes, die für diese Ziele arbeitet. Dazu gehört auch, das humanitäre Völkerrecht bekannt zu machen - unter anderem in den Streitkräften. Für von Block-Schlesier ein "wesentlicher Punkt". Nach seiner Ansicht gehört es "im Grunde genommen sogar in die Schulen und Universitäten. Aber wenn es nirgendwo knallt, interessiert sich niemand dafür".