1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Rechtsfreie Zonen darf es nicht geben"

Daniel Heinrich25. Januar 2016

Im Umgang mit Flüchtlingen warnt der zuständige Freiburger Bürgermeister Ulrich von Kirchbach im DW-Interview vor Vorverurteilungen. Ein Nachtclubverbot gegen Flüchtlinge sei rechtswidrig, betont er.

https://p.dw.com/p/1Hjjw
Symbolbild - Grenzkontrollen Deutschland
Bild: Getty Images/P. Guelland

Deutsche Welle: Herr von Kirchbach. Dürfen Ausländer in Freiburg nicht mehr in Diskotheken?

Ulrich von Kirchbach: Das so zu beschreiben wäre sehr verkürzt dargestellt. Da die Stadt von den Vorfällen bisher aber auch nur aus der Presse informiert wurde, wollen wir alle Beteiligten diese Woche zum Runden Tisch einladen. Wir wollen da vor allem besprechen, was für Präventions- und Sicherheitskonzepte wir erarbeiten können. Klar ist, dass ein Verbot für Flüchtlinge oder Ausländer rechtlich nicht zulässig wäre. Das würde unter anderem gegen das Anti-Diskriminierungsverbot verstoßen.

Sie halten das Ganze für ein Sicherheitsproblem?

An uns ist bisher nie herangetragen worden, dass es hier Probleme gibt. Auch der Polizei waren keine Sachverhalte bekannt, daher sind das für mich vereinzelte Maßnahmen der Diskobetreiber. Tatsache ist natürlich, dass Frauen nicht belästigt werden dürfen. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die sexuelle Selbstbestimmung ist eines der höchsten Güter unserer Gesellschaft und selbstverständlich darf es keine rechtsfreien Räume geben.

Können Sie den Vorwurf verstehen, auf der linken politischen Seite sei man beim Thema "Flüchtlinge" auf einem Auge blind?

Ulrich von Kirchbach - Sozialbürgermeister von Freiburg.
"Straftaten von Flüchtlingen sind in Freiburg unterproportional", sagt Ulrich von Kirchbach.Bild: Ulrich von Kirchbach

Diesen Vorwurf kann ich absolut nicht nachvollziehen. Wir machen keine Unterschiede bei denjenigen, die sich rechtswidrig verhalten. Ich sehe allerdings umgekehrt die Gefahr, dass solche Vorfälle von konservativer Seite aus manipuliert werden. Da versuchen manche richtig Stimmung gegen Flüchtlinge und Ausländer zu machen. Wir müssen aufhören, in Schwarz-Weiß Kategorien zu denken. Und dazu gehört, dass wir nie und nimmer Maßnahmen gegen eine ganze Gruppe aussprechen, für die einige wenige nur verantwortlich sind und die alle dann ausbaden sollen.

Freiburg ist bisher für seine offene, tolerante Lebensweise bekannt. Fürchten Sie um den Ruf der Stadt?

Wir haben eine sehr große Willkommenskultur. Zweitausend Menschen sind ehrenamtlich in den Flüchtlingswohnheimen aktiv. Die Polizei hat uns bestätigt, dass sich fast alle, die zu uns kommen, rechtstreu verhalten. Die Zunahme von Straftaten ist unterproportional zu der Anzahl der Flüchtlinge.

Ich habe den Eindruck, dass derzeit alles in einem Brei zusammengemischt wird und dadurch auch manchmal die falschen Schlüsse gezogen werden. Ich glaube, in der jetzigen Situation ist es vor allem wichtig, wieder Ruhe in die Debatte reinzubekommen. Dann kann man auch ganz anders mit der Sache umgehen.

Ulrich von Kirchbach (SPD) ist Sozialbürgermeister in Freiburg. Er ist zuständig für Kultur, Soziales und die Integration von Flüchtlingen.